Actebis und die Neuerfindung der Value Add Distribution
Der VAD alter Schule hat ausgedient, sagte Actebis-Peacock-Chef Uwe Neumeier. Die neue Welt verkörpert der Großhändler aus Soest: Nicht Produkte, sondern hochkompetente Spezialisten, die dem Partner helfen, stehen im Vordergrund. Mit anderen Worten: Vom VAD zur "Value People Distribution".
Lieber Avnet-Manager Gerhard Hundt,
Avnet-Manager Gerhard Hundt
(Bild:Â Avnet)
warum ist es eigentlich so schwierig, einen Nachfolger für Sie als Chef des deutschen VAD Avnet Technology Solution zu finden? Während die Verantwortung für das Eizo-Monitor-Geschäft ja recht schnell nach der Bekanntgabe Ihres Rückzugs geregelt wurde, ist der Posten des Distributionsgeschäftsführers nach meiner Information noch immer nicht vergeben. Zwischenzeitlich war der ehemalige Magirus-Vorstand Axel Feldhoff als Ihr Nachfolger im Gespräch, ein Gerücht, das nach Feldhoffs Ausscheiden aus der GUS-Group neue Nahrung bekam. Aber Feldhoff wird´s nicht.. Statt dessen wechselt Feldhoff zum 1. Oktober als Bereichsvorstand zum Systemhaus Bechtle. Auch eine interessante Personalie.
Warum also tut sich Avnet mit Ihrer Nachfolgeregelung so schwer? Klar, man will keinen Fehlgriff tun. Und wirklich geeignete Kandidaten gibt es vielleicht auch gar nicht so viele. Und dann ist ja auch das VAD-Segment derzeit ganz schön in Bewegung. Es gibt sogar Leute, die behaupten, dass die klassischen Value Added Distributoren mehr oder weniger ausgedient haben. Zu diesen Leuten gehört Actebis-Peacock-Geschäftsführer Uwe Neumeier, also der Mann, der sich im Frühjahr mit der Ankündigung aus dem Fenster gelehnt hat, Actebis werde bis zum Jahr 2015 die VAD-Marktführerschaft in Europa übernehmen, eine Ankündigung, die Neumeier in der vergangenen Woche in einer kleinen Presserunde noch einmal bekräftigt hat. Eins steht jedenfalls fest: In Punkto Rhetorik nimmt der Actebis-Chef bereits heute einen Spitzenplatz ein. So erklärte er in der vergangenen Woche nicht nur die "klassische" VA-Distribution für ein Auslaufmodell und meinte, dass die heute noch marktführenden VADs wie unter anderem auch Avnet in den kommenden Jahren massive Schwierigkeiten bekommen werden, sondern Neumeier kann auch mit Blick auf das eigene Unternehmen vor Kraft kaum laufen. So erklärte er, dass Actebis in Bezug auf den VAD-Bereich in den kommenden Wochen und Monaten "deutliche Differenzierungsfaktoren" zeigen werde, "die von unseren Wettbewerbern nicht replizierbar sein werden". Mit anderen Worten: Actebis wird, so das Versprechen, Herstellern und Händlern Leistungen anbieten, die kein anderer Distributor anbieten kann und auch kurzfristig nicht wird anbieten können. Man kann es auch so sagen: Was Neumeier ankündigt, ist nichts Geringeres als die Neuerfindung der Value Added Distribution durch Actebis. Na, ist der Mann selbstbewusst?
Konkret verbirgt sich hinter diesem Alleinstellungsmerkmal von Actebis die Kooperation mit einem oder mehreren Personaldienstleistern (Neumeier wollte hier nicht so richtig mit der Sprache raus und konnte sich auch nicht dazu aufraffen, irgendwelche Namen zu nennen). In Zukunft stehen den Actebis-Partnern rund 700 Spezialisten zur Verfügung, die sie tage- oder projektweise "mieten" können. Man spricht hier auch von Bodyleasing, man kann es auch als eine Form von Zeitarbeit bezeichnen. Der dahinter stehende Gedanke ist absolut richtig. Viele kleinere oder mittlere Systemhäuser und Händler haben aufgrund ihrer begrenzten Personaldecke einfach nicht die Spezialisten für alle Anforderungen, die der Markt stellt. Das könnte niemand bezahlen, und man könnte diese Spezialisten ja auch gar nicht ganzjährig auslasten. Da ist es natürlich praktisch, wenn man sich so jemanden für ein bestimmtes Projekt einfach ausleiht. Der geht dann mit den eigenen Leuten und auch im Namen des Systemhauses zum Kunden und tut dort das Nötige. Ist der Auftrag erledigt, zieht sich der Spezialist wieder zurück. Im Prinzip handelt es sich hierbei auch um eine Art von "Cloud", nur dass in dieser Wolke keine Programme, Speicherkapazitäten oder Rechenleistung steckt, sondern Menschen.
Gut, dieser Gedanke ist nicht wirklich neu, und ob dieses Angebot von der Konkurrenz wirklich nicht so schnell abgekupfert werden kann, muss sich zeigen. Auch die traditionellen VADs stellen ihren Partnern bei Bedarf eigene Spezialisten zur Seite. Und Unternehmen wie zum Beispiel die Softline-Tochter Prometheus in MĂĽnchen verdienen mit diesen ArbeitnehmerĂĽberlassungen ihr Geld. Aber im Falle von Actebis ist die reine Masse von 700 Spezialisten natĂĽrlich schon beachtlich. Man darf gespannt sein, wie dieses Angebot vom Markt aufgenommen wird und wie die Konkurrenz darauf reagiert.
Lieber Herr Hundt, neben der eingangs gestellten Frage nach Ihrem Nachfolger würde mich natürlich ganz besonders interessieren, was Sie als "alter VAD-Hase" mit fast 20-jähriger Erfahrung in diesem Business von der Kampfansage des Herausforderes aus Soest halten. Lassen Sie von sich hören...
Beste GrĂĽĂźe
Und hier die Antwort von Avnet-Manager Gerhard Hundt.
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