Bundesarbeitsgericht: Auch falsche Kündigungsfrist kann wirksam sein
Das Bundesarbeitsgericht hat in einem aktuellen Urteil bestätigt, dass auch eine fehlerhafte Kündigung wirksam sein kann, wenn der Arbeitnehmer es versäumt, fristgerecht Klage einzureichen. Drei Wochen hat er dafür Zeit, danach ist die Kündigung in jedem Fall wirksam.
Auch wenn dem Arbeitgeber bei der ordentlichen Kündigung eines Mitarbeiters ein Fehler bei der Berechnung der Kündigungsfrist unterläuft, so muss er in der Regel den sogenannten Annahmeverzugslohn zahlen, also das Gehalt bis zum Eintritt des korrekten Kündigungszeitpunkts. Allerdings darf der gekündigte Arbeitnehmer keinesfalls davon ausgehen, dass bei einer falschen Berechnung automatisch die "richtige" Kündigungsfrist gilt. Vielmehr hat der Mitarbeiter auch in diesem Fall die Frist für eine Kündigungsschutzklage einzuhalten. Das bedeutet: reicht der betroffene Mitarbeiter nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung eine entsprechende Kündigungsschutzklage (§ 4 Satz 1 KSchG) ein, so gilt die mit einer zu kurzen Frist ausgesprochene Kündigung nach § 7 KSchG als rechtswirksam. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Urteil bestätigt (1. September, Az.: 5 AZR 700/09).
Im Streitfall ging es um einen Mitarbeiter, der fast 13 Jahre an einer Tankstelle tätig war, in dieser Zeit hatten die Pächter – und damit seine Arbeitgeber – mehrfach gewechselt, zuletzt im Frühjahr 2007. Der aktuelle Arbeitgeber kündigte dem Mann im April 2008 zum 31. Juli 2008. Nachdem er seine Arbeitsstelle bereits verlassen hatte, reichte der Mann im November 2008 Klage ein und verlangte außerdem nachträglich Lohn für August und September. Er begründete dies damit, dass die gesetzliche Kündigungsfrist in seinem Fall insgesamt 5 Monate zum Monatsende betragen würde, da er insgesamt mehr als 12 Jahre für die Firma tätig gewesen sei. Die vom Arbeitgeber berechnete, kürzere Kündigungsfrist sei falsch. Dieser habe dabei § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB angewendet, der bestimmt, dass bei Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs liegen, bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden sollen. Diese Vorschrift sei jedoch altersdiskriminierend und daher nicht anzuwenden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Die daraufhin erfolgte Revision des beklagten Arbeitgebers vor dem Bundesarbeitsgericht war erfolgreich.
So bestätigte das Bundesarbeitsgericht, dass die vom Arbeitgeber berechnete Kündigungsfrist zu kurz war. Der Arbeitgeber habe dabei nur die Beschäftigungszeit des Mitarbeiters beim unmittelbar zuvor tätigen Pächter (ab 1. Januar 1999) berücksichtigt, dabei sei der Mitarbeiter auch schon bei dessen Rechtsvorgänger beschäftigt gewesen (ab 1. August 1995). Schon daraus ergebe sich eine Kündigungsfrist von vier Monaten zum Monatsende, zudem dürfe § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB tatsächlich nicht angewendet werden, weil diese Regelung mit dem Recht der Europäischen Union unvereinbar ist. Daraus ergebe sich eine Kündigungsfrist von fünf Monaten zum Monatsende, der Arbeitgeber hätte also erst zum 30. September kündigen dürfen.
Trotzdem blieb die Klage ohne Erfolg, denn der gekündigte Arbeitnehmer habe es versäumt, eine entsprechende Klage binnen drei Wochen nach Eingang der Kündigung einzureichen, was er aber hätte tun müssen. Da er dies nicht getan habe, sei die Kündigung trotz der falsch berechneten Kündigungsschutzzeit rechtswirksam geworden, das Arbeitsverhältnis sei damit zum 31. Juli 2008 aufgelöst. (Marzena Sicking) / (map)