Von Street View zum "Street Drive" – Autonome Fahrzeuge

Der Suchmaschinenkonzern Google treibt nicht nur die weltweite Vermessung von Straßenzügen voran, das Unternehmen will die Daten auch dazu nutzen, Fahrzeuge autonom durch den Verkehr zu lotsen. Vergleichbare Forschungsprojekte finden sich aber auch in Deutschland.

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Von
  • Matthias Parbel

Während Googles Datensammelwut für den Dienst Street View rund um den Globus immer wieder in die Kritik gerät, treibt der Konzern ein weiteres Projekt voran, bei dem ebenfalls mit Kameras bestückte Fahrzeuge durch die Straßen rollen. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Universitäten und Forschungseinrichtungen fördert der Suchmaschinenbetreiber die Entwicklung von sich autonom im Straßenverkehr bewegenden Automobilen. Im Rahmen des Projektes wurden in den USA sechs Fahrzeuge vom Typ Toyota Prius sowie ein Audi TT mit Kameras und zahlreichen weiteren Sensoren ausgestattet, die es dem integrierten Computer erlauben, die Umgebung sowie das Geschehen im Straßenverkehr zu erfassen und zu analysieren. Die gesammelten Daten werden mit Hilfe künstlicher Intelligenz verarbeitet und für die Steuerung des Fahrzeugs genutzt, wobei das Verhalten eines realen, menschlichen Fahrers nachgeahmt werden soll.

Einem Bericht der New York Times zufolge haben die sieben Testfahrzeuge mittlerweile schon rund 1600 Kilometer im Silicon Valley und entlang der kalifornischen Pazifikküste zwischen San Francisco und Los Angeles zurückgelegt, ohne dass der jeweilige "Fahrer", der lediglich aus Sicherheitsgründen und zu Beobachtungszwecken hinter dem Steuer saß, auch nur einmal hätte eingreifen müssen. Insgesamt betrug die absolvierte Fahrstrecke, die jeweils vorab in das GPS-Navigationssystem eingespeichert wurden, sogar bereits 140.000 Meilen, wobei gelegentlich menschlicher Eingriff in potenziellen Gefahrensituationen notwendig wurde. Beispielsweise um Radfahrern auszuweichen, die eine Ampel bei Rot überquerten oder auch um vorausfahrenden Fahrzeugen das Rückwärtseinparken zu ermöglichen. Nach Aussage der am Projekt beteiligten Google-Ingenieure ereignete sich bei den Testfahrten bisher nur ein einziger Unfall. Dabei wurde allerdings das an einer Ampel stehende Google-Fahrzeug Opfer eines Auffahrunfalls.

Das Projekt geht maßgeblich auf Sebastian Thrun zurück, einen der Mitentwickler von Google Street View. Der 43-jährige Forscher ist neben seiner Tätigkeit für den Suchmaschinenbetreiber Direktor des Stanford Artificial Intelligence Laboratory und genießt Insidern zufolge die Unterstützung von Google-Mitgründer Larry Page. Ob die Technik allerdings jemals Einzug in den Alltag im Straßenverkehr halten wird, ist noch gänzlich offen. Google habe zumindest noch keine konkreten Pläne zur Kommerzialisierung. Zudem schränken auch in den USA rechtliche Rahmenbedingungen den Verkehr autonomer Fahrzeuge ein. Viele der geltenden Gesetze für den Straßenverkehr unterstellen derzeit noch, dass ein menschlicher Fahrer hinter dem Steuer sitzt und die Verantwortung für das Automobil trägt.

Unter dem Namen "Stadtpilot" treiben hierzulande Forscher der Technischen Universität Braunschweig ein vergleichbares Projekt voran. Ein entsprechend umgebauter VW Passat – getauft auf den Namen Leonie – hat erst kürzlich erste Tests im realen Straßenverkehr absolviert. Ein auf Dach des Fahrzeugs montierter Laserscanner liefert die erforderlichen Daten, um Leonie durch den Verkehr zu lotsen. Ganz ohne Eingriffe durch einen menschlichen Fahrzeugführer kommen auch die Braunschweiger Wissenschaftler nicht aus: Ampeln oder auch rasche Spurwechsel überfordern das System noch. Allerdings verfolgen die Forscher des Instituts für Reglungstechnik auch nicht das Ziel, ein vollkommen autonomes Fahrzeug zu entwickeln. Es gehe primär darum auszuloten, wie Fahrassistenzsysteme den Fahrer künftig noch besser unterstützen können. (map)