Kinderpornographie: Bundesregierung votiert in Brüssel für "Löschen statt Sperren"

Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger und Innenminister de Maizière treten auf EU-Ebene gemeinsam gegen eine Vorgabe für Websperren zur Bekämpfung der Kinderpornographie ein.

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Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) haben sich darauf geeinigt, auf EU-Ebene gegen eine Vorgabe für Websperren im Kampf gegen Kinderpornographie einzutreten. Die Mitgliedstaaten sollen stattdessen im Rahmen der geplanten Richtlinie Maßnahmen treffen, damit Websites mit Abbildungen sexuellen Missbrauchs aus dem Internet entfernt werden. Darüber hinaus gehende Ansätze sollen zwar weiterhin möglich sein, von Brüssel aus aber nicht mehr vorgegeben werden. Dies geht aus einem Änderungsvorschlag Deutschlands für den besonders umkämpften Artikel 21 des Direktivenentwurfs der EU-Kommission hervor, der heise online vorliegt.

Laut dem Papier müssten EU-Länder bei Zugangssperren auch "angemessene Schutzvorschriften" vorsehen, dass die Blockade "unter Berücksichtigung der technischen Gegebenheiten auf kinderpornografische Inhalte beschränkt wird". Nutzer müssten über die Gründe der Sperrung und Inhalteanbieter ­ soweit möglich ­ über bestehende Rechtsschutzmöglichkeiten informiert werden. Zur Begründung heißt es, dass das Löschen der illegalen Inhalte "mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln vorrangig vor allen anderen Maßnahmen" zu erfolgen habe, weil nur dieses Verfahren "einen wirkungsvollen und nachhaltigen Schutz der Kinder gewährleistet".

Das Löschen des illegalen Materials ist nach Ansicht der Bundesregierung auch angesichts der Tatsache möglich, dass sich "ein Großteil der Inhalte auf Servern außerhalb" der EU befinde. Dabei komme der internationalen Zusammenarbeit von Justiz und Polizei entscheidender Stellenwert zu. Die EU sollte daher durch verstärkte Zusammenarbeit mit Drittstaaten und internationalen Organisationen dazu beitragen, dass die zuständigen Stellen in den Verbreiterländern das Material leichter löschen können. Das eingerichtete Netzwerk von Hotlines setze sich ebenfalls dafür ein, Bilder von sexuellem Missbrauch aus dem Internet zu entfernen. Auch die Kooperation zwischen diesen Einrichtungen, der Internetwirtschaft und staatlichen Stellen sei zu fördern.

Leutheusser-Schnarrenberger erklärte gegenüber heise online, dass die Bundesregierung bei der Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet auch auf europäischer Ebene klar auf den im Koalitionsvertrag vereinbarten Grundsatz "Löschen statt Sperren" setze. Sie habe sich mit dem Innenminister darauf verständigt, dass Deutschland sich bei den laufenden Beratungen im EU-Rat für eine Lösung stark mache, bei der die Mitgliedstaaten "alle Energie auf die konsequente Löschung kinderpornographischer Seiten verwenden". Die EU-Länder dürften sich keinem Zwang ausgesetzt sehen, Websperren zu errichten, "über deren Effektivität zu Recht tiefgehende Zweifel bestehen", betonte die Liberale. Für Deutschland bedeute dies, "dass alle Sicherheitsbehörden rund um die Uhr die notwendige Infrastruktur zum Löschen bereitstellen und anwenden müssen". (vbr)