Novelle des französischen Urheberrechts geht ins Endstadium

Der Abschluss der Parlamentsdebatte ist begleitet von Auseinandersetzungen über die Höhe der Strafe für illegale Filesharer und die Kopiermöglichkeiten von Wissenschaftlern, die zum zivilen Ungehorsam aufrufen.

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Nach zahlreichen Winkelzügen insbesondere im Streit um eine Klausel zur Legalisierung von Tauschbörsen soll die parlamentarische Debatte über die Urheberrechtsreform in Frankreich in der Nacht zum morgigen Freitag ihr Ende finden. Begleitet wird der Abschluss der Diskussion in der Nationalversammlung noch einmal von heftigen Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichsten Lobbygruppen. So haben etwa Wissenschaftler auf sich aufmerksam gemacht, die sich mit einer Petition bei einer ungenügenden Berücksichtigung ihrer Belange zum "zivilen Ungehorsam" gegen das Gesetz verpflichten wollen. Die Unterhaltungsindustrie läuft derweil gegen die ihrer Ansicht nach zu niedrig angesetzten Strafen für rechtsbrecherische Nutzer von Tauschbörsen Sturm. Für Verunsicherung hatten zudem Meldungen geführt, wonach der französische Gesetzgeber Online-Musikplattformen wie Apples iTunes zur Aufgabe ihrer proprietären Formate zwingen wolle.

Scharfe Worte finden dabei alle Seiten immer wieder. Die Mitglieder der Wissenschaftsgemeinde, die mit den vorgesehenen Nutzungsmöglichkeiten urheberrechtlich geschützter Materialien in Lehre und Forschung unzufrieden sind, sprechen etwa offen von der "schändlichen, rückschrittlichen und unterdrückerischen Natur der neuen Vereinbarungen" in ihrem Bereich. Über 2500 Forscher haben daher bereits das Gehörgesuch an den Gesetzgeber unterschrieben. Darin geloben sie auch, dass sie "ihre Ministern und das Gesetz missachten" und auch künftig entgegen der drohenden Regelungen nach ihrem Ermessen im Unterricht "Filme zeigen, Platten spielen und Texte verteilen werden".

Moralische Unterstützung erhalten die Akademiker von deutschen Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft". Dieses betont in einer Solidaritätsadresse, dass die Novelle den französischen Bildungs- und Kulturbereich einer "weitgehenden Kommerzialisierung von Wissen und Information ausliefern könnte". Das deutsche Forscherbündnis unterstützt daher alle Bemühungen der französischen Kollegen, überhaupt eine möglichst liberale Bildungs- und Wissenschaftsschranke zur Auflistung von Ausnahmen von den exklusiven Verwerterrechten im französischen Gesetz unterzubringen.

Weiter unterstützt das Aktionsbündnis Vorhaben, den Zugriff auf die elektronischen Bestände der Bibliotheken und die elektronische Dokumentlieferung im nationalen Verbundsystem zu solchen Bedingungen in das Gesetz unterzubringen, dass die staatlich geförderten Informationsversorger ihren Auftrag auch über die elektronischen Medien wahrnehmen können. Dass die geplante "Kulturflatrate" zur rechtlichen Freigabe von P2P-Börsen mehr oder weniger vom Tisch sei, könne man nur als unterlassene Chance zum Setzen eines "bedeutenden Zeichens" werten.

Die Musikindustrie hat ihre Stimme ebenfalls noch einmal erhoben. Das Herunterladen von Songs werde künftig nur noch "wie Falschparken" geahndet, beklagt Olivia Regnier, Justiziarin beim französischen Ableger des internationalen Phonoverbands IFPI. Ihr erscheinen die 38 Euro, mit der illegale Filesharer künftig anfangs beim Erstellen von Privatkopien in Tauschbörsen davon kommen könnten, als deutlich zu wenig für die Schaffung eines Unrechtbewusstseins bei den Saugern.

Für zu schwammig hält Regnier ferner die von den Abgeordneten bereits vorläufig beschlossene Regelung, wonach Kopierschutzmaßnahmen und der Einsatz von Techniken zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) die Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen und Abspielgeräten nicht verhindern darf. Entsprechende Vorkehrungen, mit denen Inhalte in offenen Formaten auf unterschiedlichen Plattformen und Playern abgespielt werden könnten, gehören ihrer Ansicht nach ins Wettbewerbs- und nicht ins Urheberrecht. Die Parlamentarier werden nun im Lauf des Abends die endgültige Abstimmungsvorlage erstellen, wenn alles nach Plan läuft. Mit dem eigentlichen Votum wird Mitte nächster Woche gerechnet. Dem Beschluss muss dann noch der französische Senat zustimmen, was frühestens im Mai erfolgen dürfte.

Zu den Diskussionen und juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Stefan Krempl) / (anw)