Spielzeug: EU-Parlament beschließt Sicherheitsregeln mit digitalem Produktpass
Alle in der EU verkauften Spielzeuge müssen laut neuer Verordnung einen digitalen Produktpass tragen, der die Einhaltung von Sicherheitsvorgaben bescheinigt.
(Bild: AS project/Shutterstock.com)
Das EU-Parlament hat am Dienstag mit großer Mehrheit eine Novelle der EU-Vorschriften zur Sicherheit von Kinderspielzeug verabschiedet. Die bestehende Richtlinie mit Sicherheitsanforderungen für Spielsachen wird demnach in eine Verordnung überführt, die unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten gilt. Hersteller müssen dem Beschluss nach für jedes Spielzeug künftig einen digitalen Produktpass (DPP) erstellen und darin detailliert beschreiben, wie es den Vorgaben entspricht. Dadurch wollen die Abgeordneten die Marktüberwachung verbessern und Zollkontrollen an den Grenzen vereinfachen.
Laut dem Verordnungsentwurf, auf den sich Verhandlungsführer des Parlaments, des Ministerrats und der Kommission im April grundsätzlich einigten, ersetzt der DPP die bisherige EU-Konformitätserklärung. Der Pass muss demnach zehn Jahre nach dem Inverkehrbringen des Spielzeugs verfügbar sein und für Verbraucher, Marktüberwachungs- und Zollbehörden sowie andere Wirtschaftsakteure zugänglich gemacht werden.
Der Zugriff auf den DPP erfolgt dem Normenwerk zufolge über einen Datenträger wie einen QR-Code. Dieser muss physisch auf dem Spielzeug, einem angebrachten Etikett, der Verpackung oder der Begleitdokumentation angebracht und für den Verbraucher vor dem Kauf gut sichtbar sein.
AI Act ist zu beachten
Die Verordnung legt keine spezifischen Sicherheitsanforderungen für Cybersicherheit, Datenschutz oder andere Risiken durch die Integration von KI fest. Spielzeug mit KI-Elementen muss stattdessen die Anforderungen des AI Act erfüllen. Spielsachen, die Systeme mit Künstlicher Intelligenz als Sicherheitskomponenten nutzen und eine Konformitätsbewertung durch Dritte erfordern, werden im Rahmen der KI-Verordnung als hochriskant eingestuft.
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Vor dem Inverkehrbringen eines Spielzeugs müssen Hersteller eine Sicherheitsbewertung aller potenziellen Gefahren – chemischer, physikalischer, mechanischer und elektrischer Art – durchführen. Dabei gilt es, auch die Entflammbarkeit, Hygiene und Radioaktivität des Spielzeugs zu prüfen und die besonderen Bedürfnisse von Kindern zu berücksichtigen. Bei digital vernetztem Spielzeug muss die Sicherheitsbewertung die Gesundheitsrisiken – einschließlich möglicher Gefahren für das psychische Wohlergehen – berücksichtigen. Hersteller sollen die höchsten Standards für Sicherheit, Schutz und den Einbau von Datenschutz in die Technik (Privacy by Design) gewährleisten, um das Wohl des Kindes optimal zu schützen.
Die neuen Vorschriften präzisieren auch die Pflichten von Wirtschaftsakteuren wie Herstellern, Importeuren und Händlern. Dies schließt Unternehmen ein, die für Lagerung, Verpackung und Versand von Spielzeug zuständig sind (Fulfillment). Zudem haben die Gesetzgeber den Text an andere Rechtsvorschriften angeglichen wie die Allgemeine Produktsicherheitsverordnung, den Ökodesign-Rahmen und den Digital Services Act (DSA).
Online-Märkte und verbotene Chemikalien
Die Abgeordneten haben auch die Anforderungen an Online-Marktplätze präzisiert, um deren wachsender Bedeutung im Spielzeughandel Rechnung zu tragen. So müssen Amazon, Otto.de & Co. ihre Plattformen etwas so gestalten, dass Verkäufer die CE-Kennzeichnung, Sicherheitshinweise und einen Link zum digitalen Produktpass vor Abschluss des Kaufs anzeigen können.
Daten des EU-Schnellwarnsystems zeigen, dass Spielzeuge regelmäßig Sicherheitsrisiken bergen. 2024 machten sie 15 Prozent aller Meldungen in der EU aus und zählten damit zu den am häufigsten beanstandeten Produktkategorien nach Kosmetika (36 Prozent). Mit dem Beschluss sende die EU daher ein klares Signal, betonte Berichterstatterin Marion Walsmann (CDU): „Sicherheit darf nicht dem Zufall überlassen werden. Dank klarer Leitlinien, moderner Sicherheitsanforderungen und fairer Übergangsregelungen können Unternehmen verantwortungsvoll planen und wachsen – sowie Kinder unbeschwert spielen.“ Die Verordnung sei „ein Gewinn für alle“. Die neuen Regeln treten am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft.
(mho)