WIPO: Geistiges Eigentum, Rechteschutz und Entwicklungspolitik

Der Streit um die Zukunft der WIPO hält an: Die Fronten zwischen einigen Entwicklungsländern und Befürwortern eines strengen Schutzes von geistigem Eigentum und Patenten verhärten sich.

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Von
  • Monika Ermert

Im Streit um die entwicklungspolitische Neuausrichtung der World Intellectual Property Organisation (WIPO) wird es jetzt grundsätzlich: Beim zweiten außerordentlichen Treffen zu dem Thema legte Brasilien für die Gruppe der so genannten "Friends of Development" ein 15-Punkte-Papier vor. Die USA wandte sich dagegen erstmals ganz entschieden gegen die Vorschläge der Gruppe. Die "Friends of Development" gelten als Initiatoren des Starts der "WIPOlution", der stärkeren entwicklungspolitischen Ausrichtung der für für Patente, Urheber- und Markenrechte zuständigen Organisation.

Die Gruppe der Entwicklungsländer pocht auf diesen Ansatz auch bei der Gestaltung neuer internationaler Verträge zum geistigen Eigentum. Zu ihren Hauptforderungen gehört die Verabschiedung eines völkerrechtlichen Vertrages, der den Zugang zu Wissen und Technologie absichert. Ein solcher Vertrag könnte ein natürlicher Gegenspieler zu der von USA und EU favorisierten stärkeren Harmonisierung des Patentrechts oder zum derzeit diskutierten Broadcasting Treaty (PDF-Datei) sein, der Rundfunkanbietern stärkere Urheberrechte geben soll.

"Bislang hat die WIPO in erster Linie den Interessen des Nordens gedient", erklärte Georg Greve, der für die Free Software Foundation Europe (FSFE) an der Sitzung teilnahm. Die Entwicklungsländer würden es nicht akzeptieren, wenn die vorgebrachten Anliegen nun einfach in ein Gremium wie das Permanent Committee on Cooperation for Development Related Intellectual Property (PCIPD) abgeschoben würden. Die Gruppe will vielmehr den Text der WIPO-Konvention ändern und ein ständiges Komitee für Intellectual Property und Technologietransfer einrichten. Auch sollen die Auswirkungen des Rechteschutzes auf Entwicklungsländer von einem unabhängigen Büro (WIPO Evaluation and Research Office, WERO) überprüft und weiter erforscht werden. Neue Gremien wollen die westlichen Länder aber nicht, auch Großbritannien sprach sich für die Stärkung des PCIPD aus. Die Schweizer Delegation warf den Entwicklungsländern und den bei der WIPO immer zahlreicher auftretenden Nichtregierungsorganisationen (NGOs) gar vor, die Segnungen des Rechteschutzes einfach nicht ausreichend zu verstehen.

Dabei werben die NGOs durchaus auch mit Alternativen. "Wir fordern die WIPO einfach auf, in alle Bildungsaktiviäten neben proprietären Softwareprodukten auch Open-Source-Software aufzunehmen." Die Nutzung freier Software könnte ebenso wie die stärkere Verbreitung alternativer Lizenzsysteme wie der Creative-Commons-Lizenzen den Streit um den teuren Rechteerwerb mildern. Ein ugandischer Vertreter des Verbandes Electronic Information for Libraries verdeutlichte die Situation seines Landes, wo Lehrbücher nach wie vor unerschwinglich seien. Ein Völkerrechtsvertrag über den Zugang würde dagegen das Kopieren zu Bildungszwecken in vernünftigen Maßen erlauben.

Die NGOs haben sich daher praktisch geschlossen den Forderungen der "Friends of Development" angeschlossen, namentlich auch den Forderungen nach mehr Beteiligung von Bügerrechtlern und Öffentlichkeit an den WIPO-Verfahren. Bevor ein neuer Völkerrechtsvertrag gemacht wird, so eine Forderung im 15-Punkte-Programm, muss es eine öffentliche Anhörung dazu geben. Vertreter strikter Rechtsregime kontern die Aktivitäten der Bürgerrechtler mit eigenen Veranstaltungen, bei denen Vertreter aus Entwicklungsländern den strengen Schutz geistigen Eigentums explizit loben. Die Fronten für das nächste Treffen im Juli sind abgesteckt, eine echte Lösung ist nicht in Sicht. (Monika Ermert) / (jk)