Clash of Realities: Die Computerspieler und die "Killerspiele"

Bei der von der FH Köln und Electronic Arts veranstalteten Tagung war die anhaltende Debatte um ein Verbot so genannter Killerspiele am ersten Tag bestimmend; Verbotsforderungen waren auf der Konferenz aber nicht zu hören.

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Von
  • Torsten Kleinz

Computerspiele sind ein spannendes Thema: Rund 500 überwiegend jüngere Zuhörer hat die wissenschaftliche Fachtagung Clash of Realities am ersten Tag in die Fachhochschule Köln gelockt. Bestimmendes Thema war die anhaltende Debatte um ein Verbot so genannter "Killerspiele".

Bei der vom Spielehersteller Electronic Arts mitveranstalteten Konferenz waren solche Verbotsforderungen nicht zu hören. Fast alle Redner distanzierten sich von der undifferenzierten Debatte. Dennoch drehte sich der erste Tag der Konferenz fast ausschließlich um die Frage, ob und wie Kinder und Jugendliche von Computerspielen beeinflusst werden.

Deutliche Kritik an dem im Koalitionsvertrag erwähnten Killerspiel-Verbot übte Nordrhein-Westfalens Kinder- und Jugendminister Armin Laschet: "Das ist ein falsches Signal." Die politische Diskussion verunsichere die Eltern und erschüttere ihr Vertrauen in die Alterskennzeichnung der Spiele. Diese Zweifel seien aber nicht gerechtfertigt, das System funktioniere.

In die gleiche Kerbe schlug der Beauftragte für neue Medien der CDU, Thomas Jarzombek. Das Modell der Alterskennzeichnung in Deutschland funktioniere, es gebe keinen akuten Handlungsbedarf. Ihm sei noch kein einziger Fall bekannt geworden, wo ein Spiel falsch eingestuft worden sei. Lediglich beim Handel seien noch einige Justierungen nötig, damit die gekennzeichneten Spiele nicht auch an jüngere Käufer abgegeben werden. Die immer wieder neu aufflammende Diskussionsdebatte wertete er als Populismus.

Eine kollektive Absolution der Spiele gab es auch bei der Fachtagung dennoch nicht. Zwar verwies Dr. Wolfgang Bergmann vom Institut für Kinderpsychologie und Lerntherapie in Hannover darauf, dass Computer und Internet bereits heute schon die gesamte Wirklichkeit fundamental verändert haben und Kinder in einer anderen Realität groß werden. Gleichzeitig konstatierte er aber eine "Entwertung des sozialen Nahraums": Statt sich auf die unmittelbare soziale Umgebung zu konzentrieren, definierten sich viele Spieler über Teilidentitäten, die verspielter, verlockender und durchtriebener seien als die eigentliche Person. "Der Spieler ist im Netz mehr als immer nur er selbst."

Professor Klaus Mathiak, Leiter der Arbeitsgruppe Experimentelle Verhaltenspsychobiologie der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, berichtete über den jetzigen Forschungsstand zur Auswirkung von Computerspielen auf das Verhalten der Spieler. Zumindest gebe es Verdachtsmomente, dass Aggressionen durch Computerspiele gefördert werden. Hier gebe es aber noch großen Forschungsbedarf.

In einer Podiumsdiskussion waren sich die Teilnehmer fast alle einig: Computerspiele sind heute Teil der Realität und gehören zur Jugendkultur. Damit die Heranwachsenden aber mit den neuen Medien umgehen können, sie es wichtig, die Medienkompetenz zu fördern. Eva-Maria Kabisch, Präsidentin der Stiftung Jugend und Bildung forderte, die Lehrerbildung in dem Bereich Computerspiele auszubauen. Kabisch sagte, dass Jugendliche zunehmend Schwierigkeiten hätten, die Realität von der Fiktion zu unterscheiden. Gerade in bildungsfernen Schichten werde der Computer als Babysitterersatz genutzt, die Voraussetzungen zum kompetenten Umgang mit den neuen Medien seien in vielen Elternhäusern nicht gegeben. Auch sei das Suchtpotenzial der Spiele nicht zu unterschätzen. Dieser These widersprach Professor Winfred Kaminski, Mitveranstalter der Konferenz: "Grund für Spielesucht sind nicht die Spiele."

In die eigentliche wissenschaftliche Beschäftigung mit Spielen führte Espen Aarseth vom Center for Computer Games Research der Universität Kopenhagen ein. Er verwies darauf, dass viele Kategorien, in die Spiele normalerweise eingeteilt werden, nicht zur wissenschaftlichen Analyse taugen. Die Herangehensweise der Forscher müsse viele Herangehensweisen kombinieren, um zu tauglichen Ergebnissen zu kommen. Fast alle wissenschaftlichen Fachbereiche könnten sich mit dem Thema Computerspiele auseinandersetzen – "vielleicht mit Ausnahme der Zahnheilkunde". (Torsten Kleinz) / (jk)