Bundestag streitet über geplantes De-Mail-Gesetz

Vertreter der Koalition verteidigten den Gesetzentwurf für einen sichereren Mailverkehr bei der 1. Lesung des Vorhabens, die Oppositionsfraktionen forderten dagegen umfangreiche Nachbesserungen.

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Vertreter von CDU/CSU und FDP haben den Entwurf der Bundesregierung für ein "Gesetz zur Regelung von De-Mail-Diensten" in erster Lesung am Donnerstagabend gegen Kritik verteidigt. "Bestehende Möglichkeiten für die sichere elektronische Kommunikation werden nicht genutzt", erklärte Clemens Binninger im Namen der Unionsfraktion laut den zu später Stunde zu Protokoll gegebenen Redebeiträgen. Aufgabe des Bundestages sei es daher, gesetzliche Rahmenbedingungen für eine sichere elektronische Kommunikation zu schaffen, "die einfach und nutzerfreundlich ist".

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) habe technische Richtlinien für einen Wettbewerbsrahmen erarbeitet, in dem Unternehmen Geschäftsmodelle entwickeln könnten. Dies sorge auch für Interoperabilität. Die De-Mail-Standards seien so konzipiert, "dass in einer Basisvariante keine zusätzlichen Verschlüsselungsprogramme auf den Computern der Anwender notwendig sind". Für noch mehr Sicherheit müssten die Provider eine "Premiumvariante" mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung anbieten. Binninger wies weiter darauf hin, dass De-Mail eine "beweissichere Eingangsbestätigung" zur Verfügung stelle, dank derer Dokumente rechtsverbindlich verschickt werden könnten.

Für die FDP gab Manuel Höferlin die Parole aus, dass der Entwurf "weg von der Generation Aktenordner hin zur freien digitalen Gesellschaft" weise. Aus liberaler Sicht sei das Gesetz "ein Schritt in die richtige Richtung" mit "mehr Vertraulichkeit, mehr Datenschutz und Unabhängigkeit von aufwändiger Bürokratie. Dennoch wolle Schwarz-Gelb am vorliegendem Papier "noch etwas arbeiten": So müssten Hürden für eine Zertifizierung "auch für kleine Unternehmen mit geringerem Investitionsvolumen zu nehmen sein". Die staatliche Zertifizierung dürfe nicht den freien Markt und Wettbewerb behindern.

Gerold Reichenbach von der SPD erinnerte daran, dass das Parlament vergangenes Jahr auf Betreiben der FDP sogar noch eine Haushaltssperre für das Projekt De-Mail in den Haushaltsplan 2010 eingetragen habe. Nun solle das Verfahren wohl "noch in diesem Jahr noch über die Bühne gehen". Die Sozialdemokraten sähen "noch erheblichen Beratungs- und Nachbesserungsbedarf, insbesondere mit Blick auf Transparenz, Vertrauenswürdigkeit, Sicherheit und Nutzerrechte". Bei den Voraussetzungen für die staatlichen Eingriffsmöglichkeiten bestehe noch "erheblicher Erörterungsbedarf".

Auch Jan Korte von den Linken äußerte bürgerrechtliche Bedenken und stellte überdies den Nutzen für den Bürger in Frage. Sicherheitsbehörden könnten mit De-Mail persönliche Daten aus offiziellem Geschäftsverkehr, der Bankkommunikation oder aus behördlichen Schreiben einsehen, mahnte der Linke. Zudem sei etwa die technisch bedingte Ver- und Entschlüsselung der De-Mails beim Provider aus datenschutzrechtlicher Sicht fragwürdig und mit dem Signaturgesetz nicht in Einklang zu bringen.

Konstantin von Notz von den Grünen lobte die verbesserte Sicherheit bei der Anmeldung, die Klarstellung der Vertraulichkeitsverpflichtung für alle zertifizierten Anbieter und die erweiterten Transparenzpflichten im Gegensatz zum früheren Bürgerportalgesetz. Im Kern aber würden "besonders kritikwürdige Grundentscheidungen beibehalten". So werde die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nicht von Grund auf umgesetzt. Die vorgesehenen gesetzlichen Veränderungen würden Nutzer auch dazu zwingen, "sich regelmäßig" anzumelden, um nicht unanfechtbaren Entscheidungen ausgesetzt zu sein. (vbr)