Neues EU-Bußgeld für Microsoft wird wahrscheinlicher

Im anhaltenden Streit um die Produktauflagen, die die EU-Kommission wegen Wettbewerbsverstößen gegen Microsoft verhängte, scheint der Konzern auch nach dem Beginn einer Anhörung schlechte Karten zu haben.

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Von
  • Jürgen Kuri

Im Streit mit Brüssel um die Erfüllung der von den europäischen Wettbewerbshütern verhängten Produktauflagen dürfte Microsoft kaum um neue Millionen-Bußgelder herumkommen, berichtet dpa. Am Rande der nicht-öffentlichen Anhörung zu dem seit Jahren dauernden Wettbewerbskonflikt in Brüssel sei dies deutlich geworden.

Microsoft hat eine für den heutigen Donnerstag anberaumte Pressekonferenz zur Anhörung im EU-Kartellverfahren wieder abgesetzt, da die Anhörung selbst vertraulich ist. Der Konzern betonte aber, dass man nach eigener Ansicht den Auflagen der EU-Kommission entsprochen habe. Man sei aber bereit, mehr zu tun; die Kommission solle aber darlegen, wie man denn den Auflagen noch besser nachkommen könne. Die EU-Kommission meinte dagegen, es sei Sache Microsofts, eine akzeptable Lösung vorzulegen, die die wettbewerbsrechtlichen Bedenken ausräume und den Produktauflagen entspreche.

Laut dem Wall Street Journal sollen während des Hearings unter anderem EMC, Starbak, Tandberg und Network Appliance für Microsoft aussagen: Die Firmen könnten bestätigen, dass die von Microsoft vorgelegte technische Dokumentation der Kommunikationsschnittstellen für Windows-Server nützlich und hilfreich sei. Der Sprecher von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes sagte jedoch am heutigen Donnerstag, der in dem Kartellrechtsfall als Treuhänder und technischer Berater eingesetzte britische Computerwissenschaftler Neil Barrett halte die bisher vom Konzern gelieferten technischen Informationen zu Schnittstellen für "völlig nutzlos". Unter anderem sollen bei dem Hearing auch Sun, IBM, Oracle und Novell angehört werden; IBM und Oracle beispielsweise hatten mit anderen Firmen im Februar eine Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht, die sich gegen die Bündelung diverser Software mit Windows sowie die Nichtoffenlegung von Schnittstellenspezifikationen richtet.

Die EU-Kommission hatte den Software-Giganten vor rund zwei Jahren zu einer Rekordstrafe von 497 Millionen Euro und zur Öffnung von Windows für Wettbewerber verurteilt. Der Konzern musste danach eine Windows-Version ohne Media Player anbieten und die Schnittstellen für die Kommunikation mit Windows-Servern offen legen. Microsoft zahlte wie vorgesehen die Strafe, klagte aber vor dem EU-Gericht erster Instanz gegen die Strafe – das Hauptsacheverfahren ist noch nicht abgeschlossen, eine Aussetzung der Produktauflagen bis dahin lehnte das Gericht aber ab. Um die Einhaltung der Auflagen, besonders die Dokumentation der Protokollschnittstellen, gibt es eine heftige Auseinandersetzung zwischen der EU-Kommission und Microsoft, die mit dem Beginn der Anhörung am heutigen Donnerstag weitergeführt wird. Neben dem laufenden Kartellverfahren drohte Neelie Kroes Microsoft bereits mit einem Vorgehen gegen Windows Vista, falls der Konzern mit dem Nachfolger für Windows XP wieder gegen das Wettbewerbsrecht verstoße. (jk)