Verbraucherschützer weisen GMX.at in die Schranken

Nach erfolgreichen Verbandsklagen hat sich der E-Mail-Anbieter verpflichtet, einige Vertragsklauseln zu streichen und in Österreich unzulässige Geschäftspraktiken einzustellen.

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Der E-Mail-Anbieter GMX muss gegenüber österreichischen Kunden zahlreiche in Österreich rechtswidrige Vertragsbestimmungen streichen und einige unzulässige Geschäftspraktiken einstellen. Dazu hat sich der Betreiber 1&1 Mail und Media GmbH vor dem Wiener Handelsgericht verpflichtet (Az. 11 Cg 122/10v und 22 Cg 115/10y als PDF-Datei). Betroffene Kunden müssen daher bestimmte offene Rechnungen nicht bezahlen.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums zwei Verbandsklagen eingereicht, nachdem sich GMX-Kunden beschwert hatten. "Fest steht, dass einige Klauseln nach dem deutschen BGB zulässig sind, jedoch dem österreichischen Konsumentenschutzgesetz (KSchG) widersprechen", sagte Ulrike Wolf vom VKI gegenüber heise online, "GMX hat nun die offenbar auf das deutsche Recht zugeschnittenen Bestimmungen neu aufgesetzt und an das KSchG beziehungsweise ABGB angepasst."

GMX hatte Nutzern der Gratisversion "Geburtstagsüberraschungen" oder "Treuegeschenke" zukommen lassen, die eine zunächst kostenlose Nutzung umfangreicherer Dienstleistungen enthielten. Nach einiger Zeit wandelten sich diese Schnupperabos aber in kostenpflichtige Verträge. Der Kostenhinweis war am Ende einer seitenlangen Produktbeschreibung nach der Grußformel angefügt gewesen. Auch war in den Vertragsbestimmungen eine Erklärungsfiktion vorgesehen: Kündigte der Kunde nicht vier Wochen vor Ablauf einer vereinbarten Mindestvertragsdauer, verlängerte sich der Vertrag automatisch um die Mindestvertragsdauer (oder höchstens ein Jahr). Dies ist nach österreichischem Recht (Paragraph 6 Abs 1 Z 2 KSchG) nur unter engen Voraussetzungen zulässig. GMX hatte aber weder entsprechend darauf hingewiesen noch die Kunden vor Ablauf der Frist erinnert.

Insgesamt 29 Klauseln muss GMX aus seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) streichen und darf sie auch in bereits geschlossenen Verträgen nicht mehr anwenden. Die anderen Klauseln betreffen vor allem Haftungs- und Gewährleistungseinschränkungen, die Möglichkeit von Leistungs- und Preisänderungen, die nicht korrekte Darstellung der Rücktrittsbelehrung sowie einseitige Kündigungsmöglichkeiten durch GMX. Der Anbieter muss in Zukunft seine österreichischen Kunden auch besser informieren, Rücktrittsrechte akzeptieren und Vertragsrücktritte nicht durch Fax-Zwang erschweren.

Betroffene Kunden aus Österreich, deren Verträge durch Stillschweigen verlängert wurden oder die durch Verschweigen eines Schnupperabos in ein kostenpflichtiges Vertragsverhältnis gerutscht sind, müssen diese Rechnungen nicht bezahlen. "Wir empfehlen Konsumenten, gegen die von GMX geltend gemachte Forderung unter Hinweis auf die Unwirksamkeit zu protestieren", sagt der VKI. Aus Sicht des GMX-Betreibers 1&1 gelten die vor Gericht geschlossenen Vergleiche nur für österreichische GMX-Kunden. (anw)