Neue Whistleblower-Plattformen formieren sich

Während in Großbritannien über Haftentlassung und Auslieferung von Wikileaks-Sprecher Julian Assange verhandelt wird, bereitet sich die Wikileaks-Alternative Openleaks auf einen Start voraussichtlich noch in dieser Woche vor. Aber auch andere Initiativen wollen sich künftig als Whistleblower-Plattform andienen.

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Von
  • Detlef Borchers

Während in Großbritannien über Haftentlassung und Auslieferung des Wikileaks-Sprechers Julian Assange verhandelt wird, bereitet sich die Wikileaks-Alternative Openleaks auf den Start vor. Sie wird unter anderem vom ehemaligen zweiten Wikileaks-Sprecher Daniel Domscheit-Berg getragen. Gegenüber der tageszeitung erklärte Domscheit-Berg, dass man an einen Start noch in dieser Woche denkt. Potenzielle Whistleblower sollen dann ab Januar 2011 ihre brisanten Informationen an Openleaks übermitteln können.

Im Unterschied zu Wikileaks soll Openleaks als eine Art sicherer Briefkasten funktionieren. Die bei Openleaks engagierten Aktivisten leeren diesen Briefkasten und prüfen die Dokumente auf ihre Echtheit hin. Außerdem nehmen sich Spezialisten der Dokumente an und säubern sie von verräterischen Metadaten, damit die Quelle geschützt bleibt. Ein weiterer Unterschied zu Wikileaks besteht darin, dass die Whistleblower entscheiden können, an welche Medien die Dokumente geleitet werden sollen. Haben diese Medien Dokumente ausgewertet, so sollen sie en bloc verfügbar gemacht werden.

Einen Informationstropf, wie ihn Wikileaks mit den Mails US-amerikanischer Botschaften in exklusiver Absprache mit Vorzugspartnern wie Spiegel oder Guardian praktiziert, soll es nicht geben. Auch die Geheimhaltung soll verschwinden beziehungsweise möglichst minimiert werden. Nur die Aktivisten, die mit der Prüfung und Säuberung der Dokumente betraut sind, sollen geschützt werden. Wie Daniel Domscheit-Berg gegenüber dem Blog Berlinnow erklärte, sind die Services von Openleaks kostenfrei, bis auf Modelle, bei denen in der Zusammenarbeit mit den Medien eine "Infrastrukturspende" anfällt. Die Gelder sollen möglicherweise von einer Stiftung verwaltet werden; die Kosten für Openleaks werden auf 100.000 Euro jährlich geschätzt.

Openleaks ist nicht das einzige Angebot dieser Art, das jetzt an den Start geht. So hat die Zeitungsgruppe WAZ eine Alternative namens WAZ-Leaks angekündigt und für die schier unüberschaubare "Unterwelt" der Lobbyorganisationen in der Europäischen Union ist Brussels Leak in die Startlöcher gegangen. Außerdem gibt es noch die Privacybox der German Privacy Foundation, das älteste System dieser Art. Diese Box auf Basis von Open-Source-Software unterhält derzeit rund 3000 sichere Postfächer, die von etwa 2000 Personen genutzt werden – einige verwenden mehrere Pseudonyme.

Gegenüber heise online konnte Karsten Neß, ein Sprecher der Privacy Foundation keine Angaben über das Nachrichtenaufkommen machen, weil das System aus Datenschutzgründen keine Logs schreibt. Aus den Support-Anfragen weiß die Datenschutzorganisation aber, dass die Mehrheit der Nutzer aus Deutschland kommt, gefolgt von Frankreich, Spanien und Russland. "Die ursprüngliche Intention, dass (Online-)Journalisten ihre Privacybox-Kontaktseite als Kontaktmöglichkeit für Whistleblower anbieten, scheint sich nicht erfüllt zu haben. Zumindest sind uns keine Postfächer bekannt, die von Medien wie heise online genutzt werden," erklärte Neß. (pmz)