UN-Generalversammlung diskutiert Internetpolitik

Um eine "Kontrolle" des Netzes durch einzelne zu verhindern, haben Brasilien, Indien und Südafrika der UN-Generalversammlung vorgeschlagen, eine neue Arbeitsgruppe zur internationalen Netzpolitik einzurichten.

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Von
  • Monika Ermert

Brasilien, Indien und Südafrika haben in der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York am gestrigen Dienstag vorgeschlagen, eine neue Arbeitsgruppe zur internationalen Netzpolitik einzurichten. Darin sollen ausschließlich Regierungen Fragen von öffentlichem Interesse zur globalen Netzpolitik diskutieren. Einige westliche Länder, allen voran die USA, lehnten eine solche Arbeitsgruppe ab.

Es gehe nicht um die immer wieder befürchtete "Übernahme" des Internet durch die UN, sondern im Gegenteil darum, eine "Kontrolle" des Netzes durch einzelne zu verhindern, sagte ein brasilianischer Regierungsvertreter. Er nannte ausdrücklich die Aktionen rund um Wikileaks als ein Beispiel für Kontrollversuche im Netz. Den Befürwortern geht es allerdings vor allem darum, die nach wie vor bestehende Aufsicht der USA über die Rootzone wieder auf die Tagesordnung zu setzen.

2011 läuft der aktuelle Vertrag der US-Regierung mit der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) über den Betrieb der Internet Assigned Numbers Authority (IANA) aus. IANA ist die Hüterin über die Rootzone und damit das Herzstück des Domain Name Systems (DNS). Der Streit zwischen den USA und dem Rest der Welt über die US-Aufsicht über das DNS führte beim Weltgipfel der Informationsgesellschaft (WSIS) 2005 dazu, dass das Internet Governance Forum (IGF) eingerichtet und der Prozess der "verbesserten Zusammenarbeit" (enhanced cooperation) verabschiedet wurde.

Der Prozess der "verbesserten Zusammenarbeit" war als Startschuss für eine Debatte um eine Internationalisierung der DNS-Aufsicht gedacht und wurde von den Europäern 2005 ausdrücklich unterstützt. Gestern in New York zeigten sich einige EU-Staaten allerdings mit dem derzeitigen Stand zufrieden. Der britische Vertreter erklärte eine zusätzliche Arbeitsgruppe für unnötig. Parallel befasst sich die UN nämlich auch mit Reformen des IGF, dessen neues Fünf-Jahres-Mandat voraussichtlich morgen von der Generalversammlung beschlossen wird.

Vertreter der Zivilgesellschaft befürchten mittlerweile einen Rückschlag für das viel beschworene Prinzip einer gleichberechtigten Zusammenarbeit in netzpolitischen Fragen zwischen Regierungen, Zivilgesellschaft und der Industrie. Die Regierungen wollen laut einem Beschluss des UN Economic and Social Council (ECOSOC) aus der vergangenen Woche auch bei einer Reformierung des IGF unter sich bleiben. Milton Mueller, Netzpolitikexperte der University of Syracuse, warnte die Regierungen davor, sich vom Wissen der Industrie und der Nichtregierungsorganisationen abzuschneiden. Stattdessen sollten Regierungen und Nicht-Regierungsteilnehmer lieber gemeinsam an der Verbesserung des IGF als offener Netzpolitikplattform arbeiten. (anw)