Himmel, A... und Wolkenbruch

Wenn alle Daten in der Cloud liegen, ist die Wahl des richtigen Dienstleisters höchst signifikant. Das dürften in den nächsten Monaten nicht nur politische Aktivisten lernen.

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Man kann von WikiLeaks halten, was man möchte, doch in einer Sache sollte jeder Netznutzer der Enthüllungsorganisation zu 100 Prozent beistehen: bei ihrem Kampf gegen untreu gewordene Dienstleister. Egal ob das Kreditkartenunternehmen Visa, der Bezahldienst Paypal oder der Infrastrukturanbieter Amazon – ein großer Service-Provider nach dem anderen kündigte die Verträge. Und das alles ohne jegliche juristische Grundlage, basierend einfach nur auf der Tatsache, dass es sich bei den WikiLeaks-Inhalten möglicherweise um illegale Akten handeln könnte. Gepaart mit jeder Menge Lobbydruck seitens der seit Wochen peinlich berührten US-Regierung.

Die unzuverlässigen Provider zeigen aber auch, wo wir derzeit bei einem der wichtigsten Internet-Zukunftsthemen, dem Cloud Computing, stehen: auf erstaunlich wackeliger Unterlage.

Stellen Sie sich einmal vor, Sie managen ein Technikunternehmen, das auf die grundsätzlich schlaue Idee gekommen ist, ihre IT an Webservice XYZ auszulagern. Statt im eigenen Rechenzentrum sind die Mails auf virtuelle Server verteilt, genauso wie die Geschäftsunterlagen. Bezahlt wird nach übertragenen Gigabytes oder CPU-Minuten – kostengünstig. Auch das Thema Sicherheit haben sie dank vielfältig eingesetzter Verschlüsselung bedacht. Die Nutzer freuen sich, weil sie jederzeit an ihre Informationen gelangen und dank der Verwendung von Internet-Standards auch noch die Abfragelösungen wählen können, die ihnen am besten gefallen.

Nun stellen Sie sich darüber hinaus vor, dass es einen Wettbewerber gibt, der Ihnen vorwirft, Sie verletzten seine Patente. Das stimmt zwar nicht, aber der Konkurrent macht mächtigen anwaltlichen Wind. Er schickt böse Briefe an alle Ihre Kunden und natürlich auch an Ihre Dienstleister, droht mit möglichem Schadenersatz. Ein solches Schreiben erreicht auch Webservice XYZ. Der Cloud-Computing-Spezialist mit Sitz in den USA tut, was ihm vertraglich jederzeit zusteht (hätten sie die Verträge doch besser gelesen!): Er kündigt Ihnen aus wichtigem Grund, weil er sich von jeglichen Ansprüchen Ihres Konkurrenten freistellen will. Tags darauf bricht Ihre gesamte IT zusammen – alle Geschäftsdaten, alle E-Mails, alle Produktpläne sind weg.

Natürlich, weil Sie schlau gewesen sind, haben sie einen zweiten Cloud-Computing-Anbieter zum Replizieren Ihrer Daten verwendet. Dumm nur, dass bei dem zwei Tage später genau das gleiche Drohschreiben Ihres Konkurrenten einläuft und er Sie ebenfalls abdreht. Das glauben Sie nicht? Dann fragen Sie mal Unternehmer, denen ein Zahlungskonto bei einem großen Internet-Payment-Dienst aus nichtigen Gründen gesperrt wurde. Das geht schnell an die Substanz.

Gegen den großen Wolkenbruch helfen nur Wachsamkeit und bombensichere Verträge. Bislang sieht es allerdings nicht danach aus, dass sich die Dienstleister insbesondere zu letzterem breitschlagen lassen. Aber vielleicht bekommen einige Kunden nun dank WikiLeaks ein anderes Verständnis für die Gefahren. Die Cloud ist nämlich nicht nur von Vorteil. (bsc)