Wer "Hungerlöhne" zahlt, macht sich strafbar

Das OLG Naumburg ist das erste Gericht, dass einen Unternehmer verurteilt hat, weil er seinen Mitarbeitern weniger, als die tariflich vereinbarten Mindestlöhne gezahlt hat. Der Mann ist nun offiziell vorbestraft.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 107 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Naumburg hat ein deutliches Zeichen gesetzt: Arbeitgeber, die Mindestlöhne unterschreiten, sind Straftäter und werden auch so behandelt. Das Urteil wird als durchaus wegweisend betrachtet: ähnliche Vergehen wurden bislang als Ordnungswidrigkeit behandelt, erstmals sah ein Gericht den Straftatbestand erfüllt. Damit ist der Unternehmer jetzt ein offiziell vorbestrafter Straftäter. In Zukunft werden sich einige Firmeninhaber sicher überlegen, ob sie dieses Risiko wirklich eingehen wollen.

So wurde die Revision eines Unternehmers abgeschmettert, der wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 18 Fällen vom Landgericht Magdeburg verurteilt worden war und dagegen vorgehen wollte. Wie das Oberlandesgericht Naumburg feststellte, zu Recht.

Sein Fall beschäftigte die Gerichte mehr als zwei Jahre: Erst wurde der Mann 2008 vom Amtsgerichts Magdeburg freigesprochen. Daraufhin ging die Staatsanwaltschaft in Berufung und erwirkte vor dem Landgericht Magdeburg eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen. Dabei bleibt es auch, wie nun das Oberlandesgericht feststellte. Das Vergehen des Unternehmers: Er hat laut Urteil bewusst tarifliche Mindestlohnregelungen umgangen und nach dem Tariflohn geschuldete Sozialabgaben nicht entrichtet, um sein eigenes Einkommen auf Kosten der von ihm angeblich nur geringfügig beschäftigten Reinigungskräfte zu erhöhen. Bei Tariflohnunterschreitungen richte sich die Höhe der geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge aber nach dem geschuldeten Tariflohn und nicht nach dem gezahlten untertariflichen Lohn.

Der Inhaber einer Reinigungsfirma hatte sich sicher gefühlt, weil er einen Trick angewendet hatte: Seine Mitarbeiter wurden nur für die tatsächlichen Putzarbeiten entlohnt, nicht aber für die Zeit, in der sie die Objekte beaufsichtigten und vor Ort sein mussten. Das war nach Ansicht des Unternehmers wohl eher "Freizeit". Aufgrund dieser Berechnung hatte er seine Mitarbeiter als "Mini-Jobber" angemeldet, die zwischen 60 und 170 Euro (!) Lohn und damit 1,79 Euro pro Stunde erhielten. Hätte der Mann den Mindestlohn von 7,68 Euro gezahlt, hätten sie einen Anspruch auf rund 1.290 Euro gehabt (Az.: 2 Ss 141/10). (Marzena Sicking) / (map)
(masi)