Freie Fahrt für "Near Field Communication"

Erste Praxistests mit dem Kurzstreckenfunk, der unter anderem Handys zum bequemen Bezahl- und Steuerungssystem machen soll, verliefen in Hanau, Atlanta und Caen erfolgreich.

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Von
  • Jana Schudrowitz
  • dpa

Vor dem Einsteigen in den Bus die Fahrkarte laden und mit dem Handy noch schnell über ein Plakat streichen, das mit einem Chip ausgestattet ist – und schon hat man sich einen neuen Song für die Fahrt heruntergeladen. Diese Vorstellung könnte in naher Zukunft näher rücken, denn die von Philips und Sony entwickelte drahtlose Übertragungstechnik der Near Field Communication (NFC) hat sich in ersten Tests bewährt. NFC arbeitet mit 13,56 MHz, einer Übertragungsrate von maximal 424 kBit/s und einer Reichweite von einigen Zentimetern; sie ist bereits von den zuständigen Standardisierungsgremien spezifiziert (ISO 18092, ECMA 340, ETSI TS 102 190). Noch in diesem Monat sollen Ergebnisse über die Praxistauglichkeit der Technik vorliegen, die in Handys, PCs oder Zahlungsmittel wie EC-Karten integriert werden kann.

Von Mai bis Oktober 2005 hatte der Rhein-Main-Verkehrsverbund in Hanau erstmals weltweit die Technik im Feldversuch getestet und nach Pressesprecher Peter Vollmer gute Erfahrung gemacht: Insgesamt 200 Kunden nutzten ihr Handy sechs Monate lang als Fahrkarte und beurteilten das "Handyticketing" positiv. Somit seien "Neuerungen zu erwarten, an denen wir jetzt arbeiten und die wir dann der Öffentlichkeit vorstellen werden", sagt Vollmer. Nach Angaben von Alexander Tarzi, Manager der Konzernkommunikation der Philips Austria GmbH, werden die genauen Ergebnisse aus dem Feldversuch in Hanau voraussichtlich noch im April öffentlich bekannt gegeben. Parallel dazu sollen Pläne über eine erste kommerzielle Nutzung der Technologie präsentiert werden.

Seit Oktober vergangenen Jahres findet die Nahfeldkommunikation auch im nordfranzösischen Ort Caen Anwendung. Dort nutzen 100 Probanden einen Prototyp des Mobiltelefons Samsung D500 in den großen Kaufhäusern der Stadt als Kreditkarte. In den örtlichen Parkhäusern öffnen die mit NFC-Technik ausgestatteten Handys die Schranken. Und an der Bushaltestelle lassen sich die aktuellen Fahrpläne aufs Handy laden. Das ganze geschieht aus zehn bis zwanzig Zentimetern Entfernung.

Beim Feldversuch in Frankreich wird nach Angaben eines Sprechers der Telekommunikationsgesellschaft France Telecom bereits eine regelmäßige Nutzung des Handys als Zahlungsmittel verzeichnet. Durch bargeld- und kontaktlose Zahlweise seien Einkäufe schneller getätigt, und Warteschlangen können in den Lafayette- und Monoprix-Filialen in Caen umgangen werden. Über die Stadt verteilt stehen an touristisch interessanten Orten Terminals, die, sobald ein NFC-fähiges Handy lokalisiert wird, eine SMS mit Informationen und Erläuterungen zu den jeweiligen Sehenswürdigkeiten versenden. Derzeit nur von Bewohnern Caens getestet, sollen damit nach erfolgreicher Testphase die Touristen der Stadt auf Sehenswertes aufmerksam gemacht werden. Auch "aktive Poster" sollen noch während des Feldversuchs in Nordfrankreich zum Einsatz kommen: Plakate in der Stadt sollen dafür mit NFC-Chips ausgestattet werden, über die mobile Inhalte wie Klingeltöne und Bilder auf das Handy geladen werden können. Nach Angaben der Stadtverwaltung seien diese Poster allerdings bisher noch nicht installiert.

Ein dritter Feldversuch startete inzwischen in Atlanta (USA): In der Philips-Arena testen Besitzer von Saison-Tickets der Eishockey- und Basketball-Teams "Atlanta Thrashers" und der "Hawks" NFC als Eintrittskarte. Mit Nokia-Handys ausgerüstet, in die Philips NFC- Chips integriert wurden, können sie in der Arena kontaktlos bezahlen oder "Informationspakete" auf ihr Handy ziehen. Einziger Nachteil: Der Transfer funktioniert nur unmittelbar vor dem Stadion. Sieht man ein interessantes Angebot von weitem, muss man sich dennoch durch die Menge kämpfen.

Nach den Probeläufen in Europa und Nordamerika wird ein weiterer Kontinent zum Übungsplatz für die kontaktlose Kommunikation über kurze Strecken: Der nächste Feldversuch findet in Asien statt, teilte Philips-Manager Tarzi mit. Einzelheiten über den geplanten Modellversuch wollte Philips noch nicht bekannt geben. (Jana Schudrowitz, dpa) / (jk)