Schnellster Rechner in Deutschland eingeweiht

Mit 72 Rechnerknoten und insgesamt 576 Hauptprozessoren von NEC kommt der Supercomputer auf eine Leistung von 12,7 Teraflop/s. 35 Millionen Euro ließen sich Bund, Land, Universität und Wirtschaft das NEC-SX-8-Modell kosten.

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Von
  • Monika Ermert

Der schnellste Supercomputer in Deutschland und unter den Vektorrechnern der Schnellste in Europa wurde am heutigen Donnerstag am neu gebauten Höchstleistungsrechenzentrum an der Universität Stuttgart eingeweiht. Mit 72 Rechnerknoten und insgesamt 576 Hauptprozessoren von NEC kommt der Supercomputer auf eine Spitzenleistung von 12,7 Teraflop/s. 35 Millionen Euro ließen sich Bund, Land, Universität und Wirtschaft den NEC SX-8 kosten. "Mit diesem Rechner", erklärte Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger, "sind wir wieder auf der Höhe der Zeit, wir sind vorn in der Bundesliga und spielen in der Champions League mit." Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn sagte, zusammen mit den Höchstleistungsstandorten in München und Jülich "haben wir eine gute Ausgangsposition für den Wettbewerb in Europa". Es handele sich um den derzeit zweitschnellsten Vektorrechner der Welt, sagte der Vizepräsident der NEC Computer, Masahiko Yamamoto.

NECs SX-8 nutzt die Vektorarchitektur, die mit den SX-6-Prozessoren unter anderem bereits beim Earth Simulator eingesetzt wurde, der über zwei Jahre die Rangliste der 500 schnellsten Supercomputer der Welt angeführt hat. Der im 90-Nanometer-Prozess gefertigte SX-8-Prozessor wird mit einer Taktfrequenz von 2 GHz getaktet, die Bandbreite für die Datenübertragung zwischen CPU und Arbeitsspeicher liegt bei 64 GBit/s pro CPU.

Man brauche die neuen Rechnergiganten, weil Simulationen in vielen Wissenschaftsbereichen wie der Astrophysik, der Klimaforschung, der Materialwissenschaft und anderer Bereiche immer wichtiger würden, betonte Bulmahn. Der Direktor des Höchstleistungsrechenzentrums, Michael Resch, nannte als ein Beispiel, an dem auf dem Stuttgarter Rechner derzeit gearbeitet wird, Berechnungen für den operativen Verschluss einer geplatzten Bauchschlagader: "Sie haben ein Strömungsproblem, Sie haben ein Strukturproblem, und Sie haben biochemische Interaktionen zwischen der Wand und dem Blut. Das alles müssen sie in einer einzigen Simulation berechnen und alle Komponenten dabei berücksichtigen." Das sei bislang noch nicht gemacht worden.

Resch sagte, man habe bei der Wahl des Rechners bewusst auf die Vektorrechnerlösung gesetzt. Eine Analyse der Total Cost of Ownership habe ergeben, dass der Vektorrechner die beste Wahl sei. Die Clusterrechner, die derzeit in der Top500-Liste die Vektorrechner überflügelt haben, seien etwa allein durch die notwendigen Stromkosten teurer im Betrieb. Resch ist der Ansicht, die Top500-Liste liefere verzerrte Ergebnisse: Natürlich hätte man sich auf Platz fünf schießen können, damit hätte man viele Wissenschaftler glücklich gemacht. Der Ansatz in Stuttgart sei aber ein anderer gewesen. Aus Sicht der am Projekt beteiligten Wirtschaft, allen voran Porsche und Daimler, sei die einzige Frage: "Wie viel kostet ein Crash-Job?" Zwar könne er die Preise für die privaten Kunden nicht offen legen -- über diese wacht eine eigene Betriebsfirma. Realistische Preise für Spezialrechnerstunden lägen im Allgemeinen bei rund 5 bis 6 Euro pr CPU.

Die Wirtschaft hat sich mit immerhin rund 10 Millionen Euro an der Finanzierung des neuen Rechners beteiligt. Die Ausgaben für den NEC SX-8 allein beliefen sich auf 35 Millionen Euro. Rund 57 Millionen kostete das Gesamtprojekt. Für den Rechner wurde eigens ein neues, gläsernes HLRZ-Gebäude geschaffen, dessen Herzstück der 800 Quadratmeter große Rechnerraum ist. Der Bund steuerte 23,5 Millionen Euro bei, knapp 15 Millionen brachte die Uni selbst auf, das Land rund 8 Millionen. Universitätsrektor Dieter Fritsch unterstrich, dass die Universität damit zeige, dass sie nicht nur Steuergelder verbrauche. 40 Prozent des Budgets würden durch Drittmittel eingeworben; nur so sei eine derartige Anschaffung möglich, mit der man an die Grenze der finanziellen Belastbarkeit der Universität gegangen sei.

Das Stuttgarter Rechenzentrum ist eingebettet in das Höchstleistungskompetenzzentrums Baden-Württemberg, an dem die Universitäten Karlsruhe und Heidelberg noch beteiligt sind. Mitte der Woche wurde zwischen Stuttgart und Karlsruhe eine 40-Gigabit/s-Datenleitung eingeweiht, erklärte der Rektor der Universität Horst Hippler. Morgen feiern die Wissenschaflter dann ihr neues Baby mit einem Symposium. (Monika Ermert) / (jk)