Internetsperren gegen Urheberrechtsverletzer: Hadopi wünscht "Happy Surfing"

Die Hadopi wurde mit dem "Gesetz zur Verbreitung und zum Schutz kreativer Inhalte im Internet" etabliert, mit dem in Frankreich wiederholte Copyright-Verstöße geahndet werden. Nun feiert sie ihre Aktivitäten auf Basis einer Umfrage als Erfolg.

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Von
  • Monika Ermert

Die französische "Haute Autorité pour la diffusion des œuvres et la protection des droits sur Internet" (Hadopi) präsentiert sich auf der Musikmesse Midem/Midemnet mit einer ersten Umfrage, was Frankreichs Nutzer von ihr halten.

Die Behörde wurde mit dem lange umkämpften "Gesetz zur Verbreitung und zum Schutz kreativer Inhalte im Internet" etabliert, mit dem wiederholte Copyright-Verstöße geahndet werden können. Urheberrechtsverletzern drohen damit nach zwei Verwarnungen per E-Mail und Brief bis zu einjährige Sperren ihres Internetzugangs. Dazu kommen gegebenenfalls Geldbußen in Höhe von bis zu 300.000 Euro und eine dreijährige Gefängnisstrafe. Die französische Regierung setzt damit das von ihrem Chef Nicolas Sarkozy und der Unterhaltungsindustrie seit Langem geforderte Modell der "abgestuften Erwiderung" mit dem "Three Strikes"-Ansatz um ("drei Urheberrechtsverletzungen, und du bist raus"). Bis zuletzt umstritten war bei dem Gesetz die Rolle der Aufsichtsbehörde Hadopi, die zunächst nicht nur Mahnungen verschicken, sondern das Kappen von Internetzugängen verhängen können sollte. Dagegen hatten die oppositionellen Sozialisten erfolgreich Verfassungsbeschwerde eingelegt. Nun hat ein Gericht über die konkreten Sanktionen gegen Rechtsverletzer beim illegalen Download geschützter Werke wie Filme, Musik oder Software zu entscheiden, allerdings im Schnellverfahren.

Jetzt hat die Hadopi über 2600 Nutzer in einer repräsentativen dazu befragt, ob sie die Behörde kennen und was sie von deren Aufgaben halten. 42 Prozent gaben dabei an, sie würden sich durch Hadopi abgehalten fühlen, "illegal erworbene Kulturgüter zu konsumieren." Hadopis Erfolg sei nun messbar, hatte der französische Kulturminister Frédéric Mitterand zum Auftakt der Midem verkündet.

Die Hadopi, für deren Start im Jahr 2010 noch einmal ganze acht Einzelverordnungen gemacht werden mussten – zwei stehen noch für dieses Jahr aus – hat bislang nach eigenen Angaben 70.000 erste Mahnungen verschickt. Diese Rate will die Agentur in den kommenden Monaten aber noch deutlich steigern. Bis Juni 2011, so heißt es am Hadopi-Stand auf der Midem, soll die Agentur 10.000 erste Mahnungen täglich verschicken, später dann "so viele wie nötig". Für die zweite Abmahnrunde sollen schon in den kommenden Tagen 1800 Zweitmahnungen versandt werden.

Auslöser für die Mahnungen sind von den Rechteinhabern gemeldete IP-Adressen, über die aus Sicht der Rechteinhaber illegale Aktivitäten stattgefunden haben. Die Daten werden laut Hadopi vor dem Versand einer Mahnung überprüft. Runde zwei wird in den "nächsten Tagen" für alle diejenigen Nutzer gestartet, die ein zweites Mal im Netz der Rechteinhaber hängengeblieben seien. Auf Forderung der französischen Datenschutzbehörde wurde innerhalb der Hadopi die Commission de Protection des Droits (CPD) geschaffen, eine eigene Abteilung, die keinerlei Daten nach außen gebe. Immerhin habe man es beim Hin-und-Her-Schieben der IP-Adressen zwischen Rechteinhabern, Providern und Hadopi mit privaten Daten zu tun, erläutern die Hadopi-Experten. Eine technische Schwierigkeit habe darin bestanden, die Systeme der fünf Provider, der Rechteinhaber und der CPD zu verknüpfen.

Zentrale Ergebnisse der Hadopi-Umfrage aus Sicht der Behörde selbst sind zum einen das Bewusstsein von über zwei Dritteln der Bürger, dass sie ihre Internetanschlüsse zu sichern haben. Ungesicherte Anschlüsse sind es, wegen denen die Hadopi die Nutzer am Ende belangen werde, wenn über diese illegal Musik heruntergeladen wurde, erläutern die Hadopi-Mitarbeiter. Außerdem klafften Verbreitung und Wahrnehmung von Piraterie weit auseinander, konstatiert der Hadopi-Bericht. 49 Prozent gaben an, dass sie sich illegal Musik oder Filme verschaffen, aber fast alle, nämlich 95 Prozent, gehen davon aus, dass alle Nutzer dies tun.

Die von knapp der Hälfte aller Befragten geäußerte Meinung, Hadopi erlaube eine gerechte Entlohnung von Künstlern (43 Prozent) oder nutze sogar der Verbreitung legaler Musikangebote (48 Prozent) widersprach auf der Midem entschieden die Verwertungsgesellschaft der darstellenden Künstler, SPEDIDAM. Deren Justiziar, Xavier Blanc, kritisierte entschieden den Verzicht auf eine Aufteilung von Online-Lizenzgebühren zwischen Autoren, Produzenten und Darstellern. Die sogenannten legalen Dienste würden aktuell von großen Musikverlegern und multi-nationalen Unternehmen dominiert, die große Zahl der Darsteller gehe aber leer aus. In Zeiten, in denen Hadopi zwischen legalem und illegalem Angebot unterscheiden soll – dafür soll sogar ein eigenes Hadopi-Label geschaffen werden – sei dies das falsche Signal, resümierte die SPEDIDAM.

Dass französische Nutzer ebenfalls einen Sack von Vorbehalten gegen das Hadopi-Gesetz haben, zeigt die aktuelle Umfrage übrigens auch. Über 40 Prozent befürchten Einschränkungen im Datenschutz und bei den Bürgerrechten. 46 Prozent sind überzeugt, dass Hadopi an illegalen Nutzungsformen im Netz nichts ändern wird. 47 Prozent aller Befragten finden, der Hadopi-Ansatz ist nicht ganz auf der Höhe der Zeit und der Webkultur; 51 Prozent sind der Ansicht, Hadopi diene nur den Interessen einiger weniger. All diese Vorbehalte fielen bei der Gruppe von Nutzern, die angaben, dass sie auch mal Musik im Netz klauen – diese Gruppe gibt übrigens laut der Umfrage überdurchschnittlich viel für Musik im Netz aus – noch deutlich höher aus. Die Hadopi wünscht laut ihrem Informationsmaterial allen zunächst mal: "Happy Surfing". (jk)