Acer bleibt mit Mehr-Marken-Strategie erfolgreich – korrigiert aber bei Gateway

Die organisatorische Trennung von Consumer- und B2B-Geschäft bewährt sich bei Acer weiterhin. 2010 erzielte der Konzern erneut eine deutliche Umsatz- und Gewinnsteigerung. Allein beim Server-Business unter der Marke Gateway steht eine Umorientierung an.

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Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Matthias Parbel

Stefan Engel, Managing Director, Acer Deutschland

(Bild: Acer)

Die Mehr-Marken-Strategie von Acer geht weiter auf – wenn auch nicht in allen Bereichen. Der Acer-Konzern positioniert sich mit den Marken Acer, Packard Bell, eMachines und Gateway gezielt in einzelnen Marktsegmenten und differenziert nach den Kundengruppen Consumer und B2B. Während sich die Marken eMachines und Packard Bell für den Einsteiger- und Consumer-Markt bewährt haben, stellte sich die starke Trennung zwischen Acer (PCs, Notebook etc.) und Gateway (Server und Storage) in der Praxis als weniger erfolgreich heraus. Daraus zieht Acer nun Konsequenzen: "Die beiden Marken und Produktlinien werden wieder enger zusammenrücken", erklärt Stefan Engel, Deutschlandchef von Acer. Konkret heißt das: Die Server- und Storage-Produkte rücken als sogenannter Sub-Brand "Acer-Gateway" unter das Acer-Dach. Die personelle und organisatorische Aufstellung in diesem Bereich ist noch nicht endgültig verabschiedet, aber man habe bereits im Laufe des vergangenen Jahres reagiert und in Projekten die Teams enger zusammengeführt, erläutert Mirco Krebs, Head of Professional Division.

Mit einem Umsatzwachstum von über 14 Prozent auf 19,9 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr und einem Gewinnplus (nach Steuern) von fast 38 Prozent auf 476 Millionen US-Dollar konnte Acer das Geschäftsjahr 2010 erfolgreich abschließen. Der Konzern festigte weltweit seine Stellung in der Spitzengruppe der PC- und insbesondere Notebook-Anbieter. Allein das vierte Quartal 2010 verlief nicht ganz nach Wunsch. Die traditionell in der Branche zur Weihnachtszeit hin deutlich steigenden Verkaufszahlen blieben aus – im Fall von Acer lagen sie in der Region EMEA sogar unter dem Niveau von 2009 wie die Marktforscher von IDC mitteilten. Acer-Deutschland-Chef Stefan Engel vermutet hier auch einen allmählichen Wandel im Consumer-Umfeld: "Es scheint so, dass PCs und Notebooks nicht mehr das typische Weihnachtsgeschenk wie in früheren Jahren sind. Immer häufiger verschieben sich die Käufe – auch durch Geldgeschenke und Geschenkgutscheine – auf die Zeit nach Weihnachten respektive ins folgende Jahr." Eine entscheidende Rolle dürfte beim Vergleich der beiden Quartale indes auch die Tatsache gespielt haben, dass Ende 2009 die Einführung von Windows 7 einen besonders starken Effekt auf die PC-Verkaufszahlen hatte.

Während Notebooks mit einem Anteil von 60 Prozent das Rechnergeschäft klar dominieren, verzeichnete Acer im vergangenen Jahr aber auch bei den Desktops wieder steigende Nachfrage – und das bei insgesamt gestiegenen durchschnittlichen Verkaufspreisen. Diese in der Branche bisher ungewohnte Situation bescherte dem Acer-Vertrieb denn auch einige Herausforderungen. Insbesondere im Projektgeschäft gab es häufig Aufklärungsbedarf bezüglich der Preissteigerungen, die durch den starken Dollar und zum Teil knappe Komponenten zustande kamen, wie Krebs betont. Vor allem öffentliche Auftraggeber unterliegen in der Regel Beschränkungen, in laufenden Projekten keine Preiserhöhungen akzeptieren zu dürfen.

Fokusprodukt: Bei Tablets will Acer an die Spitze

Mit Blick auf die kommenden drei Jahre rechnet Acer-Chef Engel mit einem anhaltenden "gesunden" zweistelligen Wachstum im PC-Geschäft, das auch 2011 maßgeblich von der Consumer-Nachfrage getrieben werde. "Die Preisentwicklung wird allerdings stark vom Dollarkurs abhängen", schränkt Engel ein. Tendenziell sei aber eher wieder mit leicht nachgebenden Verkaufspreisen zu rechnen. Zu einer nachhaltigen Veränderung des Rechnermarktes werden seiner Einschätzung nach die neuen Formfaktoren beitragen. Mobile Geräte – allen voran Notebooks und Tablets – sollen bis 2012 knapp zwei Drittel des Gesamtmarktes ausmachen. Und wie bei den Notebooks peilt Acer auch in der Kategorie Tablets eine Spitzenposition im Markt an. Die noch junge Geräteklasse lasse indessen Raum für Newcomer – dem einen oder anderen unbekannteren Hersteller könnten Tablets eine Chance eröffnen, glaubt Engel. Die generelle Herausforderung der Branche liege aber darin, dass Tablets bisher in erster Linie das Spaßbedürfnis der Kunden ansprechen. "Es geht primär um das Konsumieren von Inhalten", konstatiert Engel. Eigene Inhalte mit einem Tablet zu erstellen, ist mit den bisher verfügbaren Geräten nur in eingeschränktem Maße möglich. Gute Chancen für den Business-Einsatz eröffneten erst Modelle wie das neue Acer Tablet mit Windows 7 – unter anderem durch Kompatibilität mit bisherigen Anwendungen und komfortable Ergänzung wie Dockinghalterung mit Tastatur.

Der Boom der Netbooks ist unterdessen vorbei – zumal auch viele TK-Unternehmen ihre Angebote mit subventionierter Hardware zurückgefahren haben. Die Billig-Rechner werden sich nach Einschätzung von Acer dennoch einen festen Platz im PC-Portfolio sichern. Genauso wie Desktop-PCs weiterhin eine feste Größe darstellen. Im Geschäftskundensegment waren sie 2010 hierzulande den Notebooks in punkto Verkaufszahlen noch nahezu ebenbürtig, wie Mirco Krebs unter Verweis auf Marktforschungszahlen von Context betont. Langfristig werde der Anteil der Desktops sich aber weiter verringern und außerdem zugunsten von All-in-One-Geräten verschieben, ist Acer-Chef Engel überzeugt.

Das Potenzial im B2B-Sektor sei im vergangenen Jahr noch lange nicht ausgeschöpft worden. "2011 werden wir noch mehr Projekte sehen – in vielen Unternehmen steht die Migration von XP auf Windows 7 nach wie vor aus", versichert Krebs. Während öffentliche Auftraggeber im Zuge auslaufender Verträge bereits neu investiert hätten, habe der konjunkturelle Aufschwung in der Privatwirtschaft viele Unternehmen anderweitig beschäftigt. In den kommenden Monaten stellt sich die Professional Division von Acer Deutschland aber auf die Bewältigung einer wachsenden Zahl auch kleinerer Projekte ein. Um diese gemeinsam mit Partnern erfolgreich umsetzen zu können, wurde in den Ausbau der Projektdatenbank investiert – auch personell. So steht speziell für das Projektgeschäft über die Distribution ein neuer Mitarbeiter bereit.

Erklärtes Ziel ist es, künftig auch die Abwicklung von Kleinstprojekten rascher und effizienter zu gestalten. Die möglichst ausführliche Erfassung der Daten in einer Projektdatenbank soll genutzt werden, um auch hier bestmögliche Unterstützung für den Fachhandel geben zu können. "Daher verlangen wir unseren Partnern so detaillierte Daten ab", erläutert B2B-Chef Krebs. Derzeit lasse sich aus den gesammelten Daten ablesen, dass Acer rund ein Drittel aller eingereichten Projekte gewinnt. Im Zuge gemeinsamer Anstrengungen soll dieser Anteil künftig noch weiter steigen, fordert Krebs. Beispielsweise auch in neu adressierten Zielmärkten wie dem Bildungswesen. Mit einem neu aufgelegten "Education"-Programm will Acer die Ausstattung von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen mit moderner Whiteboard- und Rechnertechnik vorantreiben. Dabei stellt der regional und nach Schulträgern bundesweit stark segmentierte Bildungsmarkt eine große Herausforderung dar.

Reseller mit ihren Kontakten vor Ort sind für Acer aber der Schlüssel zu diesem Markt. Als "Acer Education Center" sollen interessierte Partner gezielte Unterstützung erhalten – unter anderem auch durch den Account Manager Education: Michael Thedens. Im Bildungssektor engagiert sich Acer gezielt mit Komplettpaketen, die beispielsweise Whiteboard, Projektor sowie die passende Software vereinen. "In Verbindung mit der Hardware erhalten unsere Kunden die Software kostenlos und damit eine komplette Lösung", betont Krebs und fügt noch einen weiteren Vorteil der eigenen Anwendung hinzu: "Die funktioniert nämlich auch mit der Hardware anderer Hersteller."

Acer bleibt dennoch aber eine Hardware-Company – mittelfristig zumindest gibt es keine Pläne daran zu rütteln. Der Konzern konzentriert sich darauf, die passenden Produkte für die vernetzte IT-Welt zu entwickeln. Dazu gehört die private Cloud zu Hause genauso wie die öffentliche Cloud unterwegs. Neben dem Fokus auf die neuen Tablets will Acer-Chef Engel 2011 aber auch bei den Smartphones richtig durchstarten. Hier nehme der Konzern bisher noch nicht die angestrebte Marktstellung ein. (map)