Bundestag hat kein Online-Verbreitungsrecht an Kunst im eigenen Haus

Der Kurator des Parlaments hat bestätigt, dass sein Haus es versäumt habe, dem Künstler Hans Haacke eine Lizenz zur Darstellung der Installation "Der Bevölkerung" im Netz abzuringen. Dessen Verdikt gegen eine Bloggerin bleibt damit bestehen.

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Der Kurator der Kunstsammlung des Bundestags hat bestätigt, dass sein Haus es versäumt habe, dem Konzeptkünstler Hans Haacke eine Lizenz zur Darstellung des Werkes "Der Bevölkerung" im Netz abzuringen. Dessen Verdikt gegen eine Frankfurter Bloggerin bleibt damit bestehen. Generell würden die Verträge der Bundesbaugesellschaft Berlin, die im Auftrag des Bundestags die sogenannten Kunst-am-Bau-Werke realisiert, mit den Kreativen "je nach Verhandlungsbasis unterschiedliche Nutzungsrechte" einräumen, schreibt der Hüter der Parlamentskunst, Andreas Kaernbach, in einem Brief an die Website-Betreiberin. Im konkreten Fall der Installation "Der Bevölkerung" sei im Vertrag die Internet-Nutzung aber nicht erfasst.

Haacke hatte es der Verfasserin des Webjournals "Hotel Falkenstein", Petra Tursky-Hartmann, im Sommer untersagt, ein Foto seiner mit rund 200.000 Euro Steuergeldern geförderten und dem deutschen Volke gewidmeten Installation auf ihrer Website darzustellen. Einer dazu benötigten Lizenzierung der Rechte an dem Kunstwerk durch die VG Bild-Kunst erteilte er nicht seine Absolution. Die SPD-Politikerin wandte sich daraufhin in einem offenen Brief an das Präsidium der Volksvertretung. Sie verlangte unter anderem Auskunft darüber, ob Haacke bereits in anderen Fällen Veröffentlichungsverbote für vergleichbare und im Netz hundertfach etwa auf Fotoseiten wie Flickr.com verfügbare Aufnahmen ausgesprochen habe und was mit Bildern der Installation auf Homepages von Bundestagsabgeordneten sei.

Das mit einer Webcam ausgestattete Internet-Angebot des Parlaments rund um das Kunstwerk "ist in Abstimmung mit Hans Haacke gestaltet" worden, heißt es nun in der Antwort Kaernbachs. Dessen "mündliche Zustimmung" sei somit gegeben. Der Bundestag habe jedoch nicht das Recht, Dritten die Veröffentlichung im Internet zu genehmigen. Wenn Reichstagsbesucher Fotos der Installation auf ihrer Internetseite einstellen, müssten sie sich um die Einholung der Verbreitungsrechte bemühen, da auch eine private Homepage eine "öffentliche Zugänglichmachung des Kunstwerkes" darstelle. Eine "tatsächlich private Nutzung von Fotos aus dem Deutschen Bundestag", versichert der Kurator zugleich, "ist hingegen jedem Bürger gestattet."

Tursky-Hartmann fordert jetzt die Anbringung von Hinweisschildern, dass die Verbreitung von Fotos der Installation lizenzpflichtig ist. Mehr Erfolg hatte die Bloggerin mit ihren Bemühungen, eine freizügigere Regelung für die im Willy-Brandt-Haus (SPD-Parteizentrale) ausgestellte und von ihr ebenfalls online fotografisch präsentierte Statue Willy Brandts von Rainer Fetting zu erreichen. Die Genossen haben inzwischen die Verwertungsrechte an der Skulptur erworben und Tursky-Hartmann (selbst SPD-Ortsvereinsvorsitzende) den bereits gezahlten Jahres-Lizenzbeitrag für die Verwertungsgesellschaft in Höhe von 24 Euro plus Mehrwertsteuer erstattet. Der Fall "Der Bevölkerung" soll dagegen am Freitag bei der Eröffnung einer großen Haacke-Retrospektive in der Berliner Akademie der Künste am Pariser Platz im Rahmen einer darauf folgenden Diskussion über Kunst und Urheberrecht noch einmal zur Sprache kommen. (Stefan Krempl) / (pmz)