Streit um Weiterverkäufer-Bestimmungen bei Europa-Domain

Seit EURid, von der Kommission ausgewählte Registry für .eu, angekündigt hat, die .eu-Verordnung erlaube keinen Wiederverkauf der Europa-Adressen, kocht es unter den Registraren.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 38 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert

So viel Vorbereitungszeit hat es gebraucht bis zum Start der .eu-Domain, und doch gibt es noch Probleme mit der von Informationsgesellschafts- und Medienkommissarin Vivianne Reding gerne stolz angekündigten Europa-Domain -- und die Probleme entstehen beileibe nicht nur wegen Domain- beziehungsweise Markengrabbern. Seit EURid, von der Kommission ausgewählte Registry, angekündigt hat, die .eu-Verordnung erlaube keinen Wiederverkauf der Europa-Adressen, kocht es unter den für die Endkundenregistrierung Domains zuständigen Registraren. Sie sehen darin eine klare Wettbewerbsbehinderung.

"Der Abschnitt vier der Verordnung 874/2004 hält fest, dass 'nur bei der Registry akkreditierte Registrare eine Registrierung in der eu-Top Level Domain anbieten können'", bekräftigte EURid-Chef Marc van Wesemael schriftlich auf Anfrage von heise online. In ersten Gesprächen mit der Kommission habe diese darauf hingewiesen, dass dies so zu verstehen sein, dass die Verordnung die "Arbeit mit Resellern" nicht zulasse. Natürlich sei EURid durchaus bewusst, dass die Arbeit mit Resellern in der Praxis ein gängiges Geschäftsmodell bei Registraren sei, das sich in vielen europäischen Länder-Domains bewährt habe. "Darum haben wir die EU-Kommission gebeten, ihre Interpretation zu überdenken und dahingehend zu ändern, dass dies eher als Warnung und Handlungsempfehlung für die Nutzer betrachtet wird." Nutzer sollen durch den Blick auf die Registrarliste sicher sein können, dass ihr Provider die Domain auch wirklich anbieten kann.

Tatsächlich sollten die Nutzer selbst über den Anbieter entscheiden können, fordert die Mehrheit der Registrare. Aus Sicht kleinerer und mittlerer Unternehmen ist es vor allem der prozesstechnische Aufwand bei einer eigenen Akkreditierung, der in einer Kosten-Nutzen-Analyse negativ zu Buche schlägt; sie würden lieber als Weiterverkäufer für akkreditierte Registrare auftreten. Angesichts des Resellerverbotes wären diejenigen Unternehmen benachteiligt, die einer begrenzten Kundenzahl die neuen Domains gerne als zusätzliche Dienstleistung anbieten wollen. Auch die 10.000 Euro Vorauszahlung auf die zu registrierenden Domains, die für die Akkreditierung bei EURid fällig werden, können sich für kleinere Anbieter mit wenigen registrierten Domains als zinsloses Darlehen erweisen, sagt Andre Scholz von der InterNetX GmbH: Abgerechnet wird nämlich erst nach einem Jahr.

Die InterNetX, die fast ausschließlich aufs Reseller-Geschäft setzt und daher das eigene Geschäftsmodell bedroht sieht, reagierte heute mit einem geharnischten Schreiben auf das angedrohte Reseller-Verbot. "Diese Sichtweise (der Verordnung, d. Red) ist natürlich nicht richtig und auch rechtlich nicht haltbar", schreibt InterNetX an seine eigenen Kunden. Es könne sich nur um ein Missverständnis handeln. InterNetX-Sprecher Andre Scholz wird im Gespräch mit heise online deutlich: "Sollte EURid nach den Gesprächen mit der Kommission bei dieser Auslegung bleiben, dann muss das wohl gerichtlich geklärt werden. Es handelt sich unserer Meinung nach um einen Wettbewerbsverstoß."

Aus Brüssel gibt es noch keine Hinweise, ob man bei der ersten Auslegung bleiben will. Eine Anfrage von heise online blieb vorerst unbeantwortet.

Der Reseller-Streit ist aus Sicht der Registrare nicht das einzige Ärgernis. Bei Informationstreffen von EURid für die Registrare in Brüssel und in Luxemburg am Rande des ICANN-Treffens monierten sie vielmehr auch, dass EURid durch strikte Limitierungen bei der Zahl der pro Sekunde registrierbaren Domains Unternehmen dazu ermuntert, sich mehrfach zu akkreditieren, um sich eine bessere Ausgangsposition vor allem beim Start zu verschaffen.

Derzeit sind laut der neuesten EURid-Statistik bereits 245 Registrare akkreditiert, 134 weitere durchlaufen das Akkreditierungsverfahren. EURid kann sich aber, berichten Registrare von den Informationstreffen, durchaus vorstellen, dass die Zahl der akkreditieren Registrare bis auf 5000 ansteigt. Aus Sicht von EURid kann das in finanzieller Hinsicht Sinn ergeben. Doch die Registrare warnen vor einem Ansturm von Unternehmen, die nicht vom Fach sind. Kritisch beurteilen viele Registrare außerdem das Verfahren bei der Verlängerung registrierter Domains und beim Umzug von Domains. Sie kritisieren zudem, dass Kunden in der Sunrise-Phase nicht nur vom eigenen Registrar, sondern auch noch von EURid und der Validierungsagentur Post bekommen. Verwirrung beim Kunden sollte möglichst vermieden werden, meinen die Registrare, die sich angesichts der Querelen nun verstärkt gegen EURid formieren. (Monika Ermert) / (jk)