EU-Kommission auf Herausgabe von Verhandlungsdokumenten verklagt

Die Nichtregierungsorganisation Corporate Europe Observatory verlangt vor dem Gerichtshof der EU von der Kommission Unterlagen zu Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen Indien und der EU.

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Von
  • Monika Ermert

Die EU-Kommission wird vor dem Gerichtshof der EU in Luxemburg mit dem Vorwurf konfrontiert, mit ihrer Informationspolitik große Unternehmen und Unternehmensverbände zu bevorzugen und die Öffentlichkeit auszuschließen. Geklagt hat dort die Nichtregierungsorganisation Corporate Europe Observatory (CEO), die seit 2009 versucht, an Informationen über Gespräche zwischen der Kommission und Unternehmensverbänden über das Freihandelsabkommen zwischen Indien und der EU zu kommen. Sie wirft der Kommission vor, gegen ihre eigenen Informationszugangsbestimmungen zu verstoßen.

CEO hatte von der Kommission 170 Aufzeichnungen über Gespräche, Briefe oder E-Mails zwischen den EU-Unterhändlern und Unternehmensvertretern angefordert. 50 der Dokumente legte die Kommission in Auszügen, 30 überhaupt nicht vor. Darunter waren beispielsweise Berichte über Treffen mit den Pharmaunternehmen Sanofi-Aventis, Eli Lili oder GlaxoSmithKline. Die EU will mit Indien neue, höhere Schutzstandards für pharmazeutische Produkte aushandeln. Nichtregierungsorganisationen, der gesundheitspolitische Ausschuss im Bundestag und der UN-Sonderbeauftragte für Gesundheit hatten in diesem Zusammenhang vor möglichen Einschränkungen der Generika-Produktion in Indien gewarnt.

Die rechtliche Basis des Informationsfreiheitsgesetzes sei schmal, sagte Pia Eberhardt von CEO. Deshalb will die Organisation die Herausgabe von 17 Dokumenten einklagen, bei denen der Verstoß gegen das Gesetz offensichtlich sei. Fast zwei Drittel der in der Klage geforderten Dokumente betreffen Gesprächsprotokolle des Market Access Advisory Committee (MAAC). Das MAAC bringt laut CEO Kommissionsbeamte, Vertreter der Mitgliedsstaaten und Unternehmensvertreter zusammen, um "regulatorische Hürden in Schlüsselmärkten zu diskutieren und gemeinsame Strategien zu entwickeln, um diese zu beseitigen". Beispielsweise seien europäischen Unternehmen die indischen Marktzugangsbeschränkungen für Geflügel und Schweinefleisch aus Gebieten, in denen Vogelgrippe oder bestimmte Schweinekrankheiten aufgetreten sind, ein Dorn im Auge. Der Verband Eucomed wehre sich gegen die indische Forderung, eingeführte medizinische Geräte dürften nicht zu alt sein.

Die Geheimhaltung internationaler Verhandlungen wird immer wieder diskutiert, auch im Fall des Anti-Piraterie-Abkommens ACTA. Hier klagt die niederländische Europaabgeordnete Sophie in't Veld auf der Basis des Artikels 7 der EU-Richtlinie über den Informationszugang (1049/2001) (PDF-Datei), der Fristen für den Dokumentenzugang festlegt. Durchwinken wird das Europäische Parlament diese Woche ein weiteres hinter verschlossenen Türen verhandeltes Freihandelsabkommen – das mit Korea. Dieses geht in einzelnen Bestimmungen zum geistigen Eigentum sogar über das umstrittene ACTA-Abkommen noch hinaus. (anw)