Chinas Internetzensur im Kampf mit den Nutzern

Der Architekt der chinesischen Mauer im Internet, Dr. Fang Binxing, sieht Handlungsbedarf: China mache es seinen Internetnutzern zu leicht die staatlichen Zensurbestimmungen zu umgehen.

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Der Architekt der chinesischen Mauer im Internet, Dr. Fang Binxing, sieht Handlungsbedarf: China mache es seinen Internetnutzern zu leicht die staatlichen Zensurbestimmungen zu umgehen. Das teilte Fang der chinesischen Global Times in einem Interview mit.

Die chinesische "Great Firewall" (GFW) blockiert seit 2003 große Teile des WWW für mittlerweile 450 Millionen chinesische Internetnutzer, die größte Online-Nation der Welt. Fang ist Präsident der Beijing University of Posts and Telecommunications und seit 1998 Chefdesigner der automatischen Internetzensur. Seine Firewall filtert Schlüsselwörter und blockiert einige Seiten vollständig. Dabei unterscheidet sie nicht zwischen wohlwollender und kritischer Berichterstattung: Wenn die Seite ein fragliches Schlüsselwort enthält, wird sie blockiert.

Sein Tun wird von der chinesischen Öffentlichkeit nicht goutiert: Ein von ihm im Dezember veröffentlichtes Microblog auf der Webseite Sina.com hat er kurz nach der Eröffnung wieder geschlossen, nachdem Tausende Chinesen innerhalb von drei Stunden fast nur kritische Kommentare hinterlassen hatten. Sie bezeichneten Fang als Lakeien der Regierung (wörtlich: "running dog") und als Feind der Netizens. Fang seinerseits bezeichnete seine Arbeit als Verkehrskontrolle: "Ein Fahrer müsse den Verkehrsregeln gehorchen, und die Bürger sollten nach den Regeln spielen, die sie haben."

Fang rechtfertigt seine Arbeit weiterhin damit, dass die meisten Länder den Internetzugang beschränken würden. Es sei "ein übliches Phänomen überall in der Welt". Die Masse und Qualität der von der chinesischen Regierung blockierten Seiten geht allerdings weit über das Blockieren rechtsradikaler und kinderpornografischer Inhalte hinaus. Zudem herrscht in China keine Transparenz über die Zensur: Der chinesische Bürger erfährt nicht, welche Seiten ihm warum vorenthalten werden.

Die Global Times zitiert einen populären chinesischen Witz, nach dem der Facebook-Präsident Mark Zuckerberg während eines Chinabesuchs lokale Unternehmer angefleht haben soll, ihm zu zeigen, wie die Firewall zu umgehen sei: "Seit ich in China gelandet bin, kann ich mich nicht mehr in Facebook einloggen." Neben Facebook blockiert die Firewall die Portale YouTube, Twitter und Wikileaks.

Was für einen Einfluss diese Plattformen auf die politischen Unmwälzungen in einem Land spielen können, hat sich zuletzt in Ägypten und Tunesien gezeigt. US-Außenministerin Hillary Clinton hat in einer Grundsatzrede zur Internetfreiheit am 15.2. weitere Bemühungen der USA angekündigt, Online-Nutzern in aller Welt zu helfen, Sperren wie die chinesische Firewall zu umgehen.

Fang beschreibt die Bemühungen der chinesischen Internetnutzer, seine Firewall mit dem Einsatz von VPNs zu umgehen, als Kampf. Er selbst nutze zu Hause sechs VPNs. "Aber ich probiere sie nur aus, um zu testen, welche Seite gewinnt: die GFW oder das VPN." (akr)