Grüne gegen Freigabe von Nutzerdaten zur Gefahrenabwehr

Die Grünen im Bundestag haben einen Antrag zum Telemediengesetz auf den Weg gebracht, der Nachbesserungen bei Haftungsprivilegien von Providern, bei der Spam-Bekämpfung sowie dem Daten- und Verbraucherschutz fordert.

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Die Bundestagsfraktion der Grünen hat einen Antrag zum Telemediengesetz (TMG) auf den Weg gebracht, der Nachbesserungen am Regierungsentwurf unter anderem bei Haftungsprivilegien von Providern, bei der Spam-Bekämpfung sowie beim Daten- und Verbraucherschutz fordert. Der Bundestag soll demnach begrüßen, dass die bisher getrennten Regelwerke für Tele- und Mediendienste im TMG zusammengeführt werden sollen. Gelobt wissen wollen die Grünen die Bundesregierung auch dafür, dass sie eine eigene Festschreibung von Auskunftspflichten über Bestands- und Nutzungsdaten von Surfern gegenüber den Sicherheitsbehörden abgelehnt hat. Im Detail gebe es aber noch viel Korrekturbedarf.

"Unverständlich" ist laut dem Antrag etwa die Zustimmung der Bundesregierung zu einer Forderung des Bundesrates, sensible Daten wie Name, Anschrift oder persönliche Nutzerkennungen "praktisch unbegrenzt für die Gefahrenabwehr zu verwenden". Eine derartige Ermächtigung für Sicherheitsbehörden würde zu einer uferlosen Zweckentfremdung personenbezogener Daten führen. Der Regierungsentwurf enthält bereits eine weitgehende, von Nutzerorganisationen scharf verurteilte Klausel, wonach die Anbieter von Tele- und Mediendiensten "für Zwecke der Strafverfolgung, zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum" zur Herausgabe bereits erhobener Bestands- und Nutzungsdaten verpflichtet werden sollen. Gemäß dem von der Regierung befürworteten Appell der Länder soll diese Regelung auch für die "vorbeugende Bekämpfung von Straftaten" gelten.

Die Anti-Spam-Regelung der Bundesregierung im TMG geht den Grünen dagegen nicht weit genug. Wie in ihrem eigenen Gesetzesentwurf vom Mai ist zwar auch laut dem TMG-Entwurf die Zusendung von ungewollter Werbung unter Verschleierung des Betreffs oder des Absenders als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Die Bundesregierung habe es jedoch versäumt, eine für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständige Verwaltungsbehörde zu benennen. Hier sei eine Zuständigkeit der Bundesnetzagentur erforderlich, weil Spam-Botschaften länderübergreifend verschickt würden. Nur die Bonner Bundesbehörde könne die notwendige Verfolgung über Ländergrenzen hinweg durchführen. Darüber hinaus müsse auch das Versenden kommerzieller Werbung, die der Empfänger nicht ausdrücklich verlangt hat, als Ordnungswidrigkeit verfolgbar werden.

Auch die Nutzungsmöglichkeiten von Mediendiensten sind dem Antrag nach verbraucherfreundlicher zu gestalten. Nicht länger zumutbar sei die weit verbreitete Praxis, dass Surfer erst nach Eingabe umfassender persönlicher Daten und nach Einwilligung in die Zusendung von Werbe-Mails bestimmte Angebote nutzen können. Derartige Koppelungen müssten verboten werden.

Weiter kritisiert die Eingabe, dass bereits die bestehenden Haftungsregelungen für Forenbetreiber und Host-Anbieter durch sehr unterschiedliche Rechtsprechungen wie etwa die umstrittene und inzwischen teilweise relativierte Entscheidung des Landgerichts Hamburg im Fall des Heise-Zeitschriftenverlags für Verwirrung gesorgt hätten und die Bundesregierung hier auf eine Klarstellung verzichtet habe. Große Unsicherheit herrsche auch bei den Suchmaschinenbetreibern, die immer wieder aufgefordert würden, bestehende Links zu entfernen. Suchmaschinenbetreiber böten wie Zugangs- und Hostprovider aber keine eigenen Inhalte an, sondern würden Inhalte Dritter über Links auffindbar machen. Es sei daher eine Verdeutlichung ins TMG aufzunehmen, dass es auch für Suchmaschinenanbieter keine vorauseilenden Überwachungspflichten gibt "und eine Unterlassungs- oder Beseitigungspflicht erst ab Kenntnis der Rechtsverletzung besteht". Eine Verpflichtung dürfe zudem nur anhand einer Interessenabwägung vorgenommen werden.

Die Bundesregierung soll zudem aufgefordert werden, stärkere Anti-Phishing-Bestimmungen ins TMG einzubauen. Es sei "für eine wirksame strafrechtliche Sanktionierung Sorge zu tragen, wenn Verbraucher anhand irreführender E-Mails aufgefordert werden, ihre Zugangsdaten und Passwörter (etwa für Konten und Bezahlsysteme) mitzuteilen". Schließlich pocht der Antrag darauf, "dauerhaft arbeitende Beschwerdestellen für Verbraucher einzurichten, die auch über Bürgerrechte in der digitalen Welt aufklären."

Siehe zum Telemediengesetz auch:

(Stefan Krempl) / (jk)