GDC: Nintendo stemmt sich gegen den Sog der Cent-Spielchen

Nintendo-Präsident Satoru Iwata beschwört Spieleentwickler, nicht den Lockungen der Smartphone-Ökonomie zu verfallen. Überfüllte App-Stores seien Gift für die Qualität – und für das Geschäft.

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Von
  • Erich Bonnert

It's the Quality, Stupid! Iwata schwor die Entwicklergemeinde auf Must-Have-Spiele ein, sonst drohe die Industrie in den Fluten der billigen Massenspiele zu ertrinken.

Nintendos Präsident Satoru Iwata gestand in seinem Keynote-Vortrag zur Game Developers Conference in San Francisco ein, dass die Handkonsole seines Unternehmens gegen den einfachen Netzzugang der Smartphones und ihr überwältigendes Software-Angebot zuletzt sehr blass ausgesehen hatte. Der Branchenveteran versuchte aber, insbesondere Handy- und Tablet-Hersteller in ein für ambitionierte Spiele-Designer deutlich ungünstigeres Licht zu rücken. Reine Hardware-Produzenten hätten kein Interesse an Spielen mit hoher Qualität, meinte Iwata. Software zu Dumping-Preisen und kostenlose Downloads trieben den App-Stores Millionen von Anwendern zu – aber den Spiele-Fans die Loyalität aus.

Der Nintendo-Chef forderte die Entwickler dazu auf, sich auf hochwertige Spiele zu besinnen. "Must-Haves" wie Mario, Zelda, Tetris und Pokémon hätten dem japanischen Spielimperium 25 Jahre Erfolg beschert. Nur mit hoher Software-Qualität könne die Branche weiter bestehen. Allerdings könne sich Nintendo in der Welt digitaler Spiele-Downloads deutlich verbessern, bekannte Iwata. Um seinen Erfolgsplan für Amerika zu erläutern, rief er seinen US-Geschäftsführer Reggie Fils-Aimee auf die Bühne.

Zwar will Nintendo für die 3DS-Konsole keinen App-Store nach dem Modell Apple oder Google bauen. Stattdessen richten die Japaner einen "eShop" ein, der alle DSiWare-Titel und eine virtuelle Konsole enthält, eine Reihe von DS-Klassikern, die für 3D remastered wurden, sowie Demo-Spiele und Werbefilmchen. In den USA geht ein eigener 3D-Videokanal an den Start, er bietet ausgewählte Kurzfilme, Cartoons und Musikvideos in stereoskopischer Darstellung.

Über die ständige WLAN-Verbindung der 3DS können per Push-Technik ständig Updates und neue Medienangebote zum Gerät geschickt werden. Nutzer der Konsole haben ab Ende Mai kostenlosen Zugang zu rund 10.000 WLAN-Hotspots von AT&T in den USA. Die automatische WLAN-Verbindung Spot Pass sorgt für Downloads auch im Standby-Modus. Ein vorinstallierter Client für den Streaming-Dienst Netflix erlaubt das Betrachten ganzer Spielfilme.

Die integrierte Stereoskop-Kamera soll im Mai per Firmware-Update neue Systemfunktionen erhalten und dann außer 3D-Fotos auch stereoskopische Videos aufnehmen können. Für Standfotos hat die 3DS außerdem eine Software, die aus Porträtaufnahmen witzige Cartoon-Bildchen erstellt. Sie können manipuliert und mit Zusatzattributen wie Bärtchen und Augenbrauen versehen werden. Mit der WLAN-Funktion "Street Pass" werden sie automatisch an Geräte weitergereicht, wenn deren Besitzer in der Kontaktliste stehen und in Netzreichweite sind.

Zum Schluss beschwor Iwata das Entwickler-Publikum noch einmal, nicht den Lockungen der nach Millionen zählenden App-Stores zu verfallen, weil dort qualitativ hochwertige Spiele keine Priorität genössen. Nintendo wolle hingegen Investitionen in Qualität schützen, sagte er am Ende fast trotzig.

Konnos erster Prototyp des autostereoskopischen Displays der 3DS war an eine Wii angeschlossen.

(Bild: Erich Bonnert)

3DS-Producer Hideki Konno gewährte auf dem GDC einige Blicke auf den verschlungenen Entwicklungspfad der neuen autostereoskopischen Handheld-Konsole, der 2008 begonnen hatte. Von einem 3D-Schirm sei anfangs nie die Rede gewesen, denn der Konzern habe damit Jahre zuvor einen Reinfall erlebt. Weil Nintendos Hardware-Abteilung sich sträubte, fertigte Konnos Software-Team eigene Prototypen.

Nach einer Strategie, die wohl am besten mit "early prototyping" zu umschreiben ist, konnte Konno Nintendos allmächtigen Designer Shigeru Miyamoto auf seine Seite ziehen. Um die Stärken der 3D-Darstellung auszuspielen, entwickelten die Software-Tüftler eigene Drahtmodelle für die Nintendogs und –cats. So erhielten die Tierchen realistisch glänzende Augen und ein kuscheliges Fell. Doch während Konnos Software-Entwickler bis zum Schluss flexibel bleiben wollten, setzten seine Provisorien wie Regulierung des 3D-Displays Nintendos Hardware-Verantwortliche unter großen Zeitdruck, weil sie Entscheidungen so früh wie möglich treffen mussten, um das fertige Design rechtzeitig festzulegen und die Massenproduktion starten zu können. (hag)