Mobilfunk-Manager diskutieren ĂĽber Wachstumsimpulse

Vertreter der in Deutschland aktiven Mobilfunkanbieter gaben bei einer Podiumsdiskussion Einblicke in die jeweiligen Konzernstrategien. Während die einen sich in der Formel 1 zu Hause fühlen, beschränken sich andere aufs Rallye-Fahren.

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Von
  • Monika Ermert

Statistisch gesehen hat jeder Deutsche ein Handy, woher soll also mehr Wachstum im Mobilfunkbereich kommen? Die vier in Deutschland aktiven Mobilfunkanbieter gaben bei einer Podiumsdiskussion des Münchner Kreises zum Thema "Wachstumsimpulse durch mobile Kommunikation" unterschiedliche Antworten darauf: mehr Gesprächsminuten und Festnetzsubstitution, zielgruppenspezifische Angebote und das mobile Internet. Zu eigenen Content-Strategien und WIMAX äußerte sich das Manager-Quartett zurückhaltend. Man sei so beschäftigt, dass man nicht "jede Sau, die durchs Dorf getrieben wird", verfolgen könne, sagte etwa Rudolf Gröger, CEO von O2, in Bezug auf WIMAX. Ob sich diese Einschätzung mit der Standardisierung von Mobile WIMAX ändern könnte, ließen die Anbieter offen.

Marktführer T-Mobile will einfach das "angesehenste" Dienstleistungsunternehmen in Deutschland werden. Der Kundenservice stehe im nächsten Jahr an erster Stelle – er habe auch dieses Jahr schon ganz oben gestanden, versicherte Alexander Lautz, Chef des Privatkundengeschäfts bei T-Mobile. Die Triple-Flat (Internet, Mobilfunk und Festnetz-Flat) für 80 Euro habe einen Maßstab gesetzt, meint Lautz. Auf die Substituierung des Festnetzes und den langfristigen Erfolg von UMTS setzt Vodafone laut Frank Rosenbauer, Geschäftsführer Marketing bei Vodafone. Rosenbauer sieht den Durchbruch mit 2,5 Millionen UMTS-Kunden und fast sieben Prozent Anteil am Gesamtumsatz geschafft. Ein Mehr an Gesprächsminuten sei nicht allein die Lösung, verdeutlichte Rosenbauer, auch wenn er einräumte, dass das nach wie vor hohe Preisniveau durchaus für eine gewisse Stagnation im Markt verantwortlich sein könnte.

Bei der Verteilung der Gesprächsminuten zwischen Fest- und Mobilnetz liegt der deutsche Markt immerhin noch deutlich zurück. Rund 80 Prozent der vertelefonierten Minuten laufen nach wie vor übers Fest- und nicht über das Mobilfunknetz. Europaweit liege der Durchschnitt bei 45 Prozent, erklärte E-Plus-CEO Michael Krammer, in manchen Ländern habe der Mobilfunk dem Festnetz bereits den Rang abgelaufen. "Die Preise müssen nach unten", forderte Krammer. Sein Unternehmen verfolge eine "Smart Follower"-Strategie bei neuen Technologien und eine Mehrmarken-Strategie, die auch eine Discount-Marke wie Simyo einschließt. Man trete bewusst nicht in der Formel 1 an wie die ehemaligen Monopolisten und Lizenznehmer der ersten Stunde. "Wir fahren Rallye", so Krammer.

O2-Chef Gröger nannte als zentrale Strategien seines Konzerns "Zielgruppenorientierung und eine Hinwendung zum Kommunikationsgesamtangebot für die jeweiligen Kunden". "Der weibliche Konsument über fünfzig negiert uns zum Beispiel", sagte Gröger mit Blick auf zu erschließende Potenziale. Daher habe eine Partnerschaft mit Tchibo Sinn gemacht. Andererseits veranstalte O2 Konzerte, um sich als spezielle Marke für Musikfans zu etablieren und verzeichne derzeit pro Tag 100.000 Downloads seiner Handy-Soap. Selbstkritisch sagte Gröger aber auch, die Branche habe wegen ihres "Sternchen-Text"-Marketings das "Image von Gebrauchtwarenhändlern". Die weiter zu erwartenden Preisnachlässe würden von den Kunden daher erst einmal nicht ernst genommen. Gröger räumte als einziger auch ein, dass "wir lügen, wenn wir sagen, Skype ist keine Bedrohung."

Vodafone-Manager Rosenbauer meinte dagegen, dass Skype an Attraktivität verlieren könne, wenn sich Flatrates generell durchsetzen. Die Frage der neutralen Netze wird seiner Ansicht nach letztlich vom Verbraucher entschieden. Man wisse nicht, wohin der Markt in der Frage der Privilegierung von Diensten durch Netzanbieter gehe. Die in den Vodafone-Verträgen erwähnte mögliche Sperrung eines Dienstes wie Skype verteidigte er gegenüber heise online mit dem Hinweis auf mögliche Überwachungsanforderungen seitens des Gesetzgebers. Rosenbauer mahnte zudem, das schwer entwirrbare "Gestrüpp" von Lizenzen und Urheberrechten behindere den Content-Bereich. "Da hat niemand an den Verbraucher gedacht." Gröger kritisierte, dass harsche regulatorische Vorgaben Europa zwar die beste Infrastruktur beschert hätten, die Wertschöpfung im Inhaltebereich aber nicht in Europa gehalten werden konnte. Thomas Magedanz vom Berliner Fraunhofer FOKUS-Institut empfahl dagegen den Mobilfunkbetreibern, durch das Andocken an möglichst viele Dienste und die kontrollierte Abwicklung per IP Multimedia System (IMS) auf den Zug aufzuspringen. Aus seiner Sicht sei das die beste Möglichkeit, Kunden an sich zu binden und "die letzte Überlebenschance" angesichts der Entwicklung des Internet. (Monika Ermert) / (pmz)