Streit um Datenschutz bei Whois dauert an

Soll jeder Whois-Datensatz Namen und persönliche Adressdaten des Domaininhabers beinhalten oder genügt die Publikation eines technischen Kontakts? Datenschutzbestimmungen und Anforderungen der US-Regierung sowie der Strafverfolger widersprechen sich.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 70 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Der Streit darum, wieviel Information in der Whois-Datenbank eines Domainregistrars stehen soll, dauert an. Im Whois werden Informationen zu den Domaininhabern, den Ansprechpartnern und den zuständigen Technikadministratoren festgehalten. Kern des Streites ist es, ob jeder Whois-Datensatz Namen und persönliche Adressdaten des Domaininhabers beinhalten soll, oder ob die Publikation eines technischen Kontakts genügt. Eine Mehrheit des für generische Top Level Domains zuständigen Gremiums (Generic Names Supporting Organisation, GNSO) der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) hat sich auf eine enge Zweckbeschränkung des Whois festgelegt. ICANNs Vorstand zögert aber schon einen Beschluss zur Schaffung von Ausnahmeregelungen für die Fälle hinaus, in denen Nicht-US-Registrare durch die bestehende Whois-Regelung gegen ihr nationales Datenschutzrecht verstoßen.

"Es ist enttäuschend", meint Tom Keller, Mitglied der seit mehreren Jahren arbeitenden Whois-Task Force der GNSO, "dass der ICANN-Vorstand die Entscheidung zu den Ausnahmeregelungen noch einmal verschoben hat." Die Vorschläge der Whois-Task-Force stammen immerhin bereits vom Ende vergangenen Jahres. "Wir hatten gedacht, dass das rascher geht."

Ohne Ausnahmeregelungen sind europäische Registrare wie Kellers Arbeitgeber Schlund+Partner in der juristischen Zwickmühle. Von ICANN werden sie verpflichtet, Kundeninformationen offen im Whois zu publizieren – bei Androhung des Verlustes ihrer Akkreditierung. Nach deutschem Datenschutzrecht dürfen die Provider aber nicht automatisch private Telefonnummern und Adressen preisgeben, sondern brauchen mindestens eine Einwilligung ihrer Kunden dafür. Von Seiten der US-Regierung wird ICANN nach wie vor gehalten, für ein vollständiges und korrektes WHOIS zu sorgen. Ende März veröffentlichten die privaten Netzverwalter den neuesten Bericht (PDF-Datei) über Status und Beschwerden beim Whois.

Angesichts der offiziellen US-Position muss sich die GNSO auf eine weitere harte Auseinandersetzung gefasst machen, wenn sie die rein technisch motivierte Zweckbestimmung des Whois durchsetzen will. Im GNSO-Council hat sich die Definition, derzufolge Whois-Informationen alleine der Kontaktaufnahme zur Lösung von technischen Problemen mit einem DNS-Server dienen sollen, in einer Kampfabstimmung durchgesetzt. Markeninhaber hatten noch zuletzt einen Gegenvorschlag gegen die von Nutzervertretern und Registraren favorisierte enge Zweckbindung eingeführt, die auch anonyme Domainregistrierungen ermöglicht.

Noch haben Whois-Arbeitsgruppe und GNSO die letzte Frage vor sich, wie genau der publizierte Datensatz am Ende aussehen soll. Folgt man der jetzt festgelegten Zweckbindung, könnten umfängliche Whois-Einträge verschwinden. Zugriffe durch Markeninhaber oder Strafverfolger müssten dann jeweils beantragt werden. Schon die Wortmeldung der australischen Regierung, die sich klar für eine weiter gefasste Zweckbindung einsetzte, verdeutlicht den heraufziehende Konflikt, in dem einmal mehr ICANNs US-Standort und die Abhängigkeit von der US-Administration eine wichtige Rolle spielen und eine unabhängige Entscheidung durch die Gremien unmöglich machen kann. So dürfte ICANN einmal mehr zwischen allen Stühlen sitzen.

Zur Auseinandersetzung um das Whois siehe auch: (jk)