Menschenrechtler erheben neue Vorwürfe gegen Yahoo

Laut Human Rights in China ist der Internetdienstleister auch in die Verhaftung und Verurteilung des Dissidenten Wang Xiaoning verwickelt.

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Die Menschenrechtsorganisation Human Rights in China (HRIC) hat einen weiteren Fall ausgemacht, in dem der Internetprovider Yahoo als Informant der chinesischen Polizei aufgetreten sein soll. Aus einem Gerichtsurteil (PDF-Datei), das HRIC nach eigenen Angaben vorliegt, gehe hervor, der im September 2003 zu zehn Jahren Haft verurteilte Internet-Dissident Wang Xiaoning habe seine politischen Schriften über den Mailinglistendienst Yahoo Groups und über eine E-Mail-Adresse des Dienstleisters publiziert. Die in Hongkong ansässige Yahoo Holdings habe den Ermittlern bestätigt, dass die nötigen Accounts im chinesischen Hauptland eingerichtet worden seien. Ein Yahoo-Groups-Administrator habe im Jahr 2001 die politischen Inhalte in Wangs Aussendungen registriert und ihm weitere derartige Aktivitäten untersagt. Wang habe daraufhin seine politischen Kommentare per E-Mail verschickt. Allerdings gehe aus dem Urteil nicht hervor, dass Yahoo konkrete Hinweise auf die Identität Wangs geliefert hat.

Wang habe in seinen Schriften unter anderem ein Mehrparteiensystem und Gewaltenteilung für China gefordert. Die vier Hauptprinzipien der Kommunistischen Partei – Beibehalten des sozialistischen Weges, die Diktatur des Proletariats, die Führerschaft der Kommunistischen Partei und die Ideologie des Marxismus, Leninismus, Maoismus – stünden aber einem demokratischen System im Weg. Man dürfe nie vergessen, dass China eine autoritäre Diktatur sei. Wang habe laut Urteil außerdem per E-Mail Kontakt zu der im Exil ansässigen Chinesischen Sozialdemokratischen Partei gehalten.

Yahoo steht seit einiger Zeit in der Kritik von Menschenrechtlern, in China nicht nur Zensur auszuüben, sondern auch der Polizei bei der Suche nach missliebigen Kritikern zu helfen. Reporter ohne Grenzen hat nach eigenen Angaben ebenfalls anhand eines Gerichtsurteils vor Kurzem den dritten Fall aufgedeckt, in dem ein Dissident mit Hilfe des Internetdienstleisters verhaftet und verurteilt worden sei. Yahoo rechtfertigte im Februar seine Kollaboration mit chinesischen Behörden damit, dass die Anwesenheit von Internet-Providern mit vielen Suchmöglichkeiten und einem breiten Inhaltsspektrum ein "machtvolles Instrument" für die Öffnung und Reformen in allen Ländern sei. Reporter ohne Grenzen hielt dem Unternehmen hingegen vor, Yahoo Holdings habe ihren Sitz in der Sonderwirtschaftszone Hongkong, in die der Arm der chinesischen Justiz nicht hineinreiche.

Siehe zum Thema auch: (anw)