Reporter ohne Grenzen: Yahoo beugt sich in China kompromisslos

Julien Pain, bei der Menschenrechtsorganisation für Internet zuständig, will nicht, dass sich US-Unternehmen aus China zurückziehen. Sie sollten aber auch ihre Grenzen klar aufzeigen.

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Julien Pain, bei der Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen für den Bereich Internet zuständig, sieht die US-amerikanischen Unternehmen Yahoo und Cisco an vorderer Front, wenn es um die Zusammenarbeit mit chinesischen Behörden geht. "Yahoo hat, ohne einen Kompromiss zu suchen, sich den Forderungen Chinas gebeugt und als erster seine Suchmaschine zensiert. Keine andere Firma hat Kundendaten herausgerückt – sie sind mit Abstand die schlimmsten", sagte Pain in einem Interview mit Spiegel online. Und ohne Cisco wäre China nicht in der Lage gewesen, das Internet so zu kontrollieren, wie es heute geschieht.

Dabei sieht Pain einen Unterschied zwischen dem Verhalten von Yahoo und Google. Google habe versucht, einen Kompromiss zu finden. Der Suchmaschinenbetreiber mache sein Tun durch Einblendungen auf seinen Ergebnisseiten transparent, während Yahoo sich ebenso verhalte wie chinesische Firmen. Pain fragt sich vor diesem Hintergrund, worin der von Yahoo propagierte Nutzen der Präsenz in China besteht. Yahoo hatte im Februar sein Engagement in China vor US-Politikern damit gerechtfertigt, die Anwesenheit von möglichst vielen Internet-Providern sei ein "machtvolles Instrument" für die Öffnung und Reformen in allen Ländern. Yahoo wolle aber lediglich Geld verdienen, schlussfolgert Pain. Er wolle aber nicht, dass sich Yahoo oder andere Firmen aus China zurückziehen, sondern der dortigen Regierung klar ihre Grenzen aufzeigen.

Reporter ohne Grenzen beruft sich mittlerweile auf einen vierten Fall, in dem Yahoo nachgewiesen worden sei, bei der Ermittlung gegen Dissidenten mit der chinesischen Polizei zusammengearbeitet zu haben. Einen ersten Fall hatten die Menschenrechtler im September vorigen Jahres an die Öffentlichkeit gebracht. Im Dezember 2003 hatte Reporter ohne Grenzen in Briefen an 14 IT-Unternehmen auf Menschenrechtsverletzungen in China hingewiesen. Manche Firmen verkauften Produkte nach China, mit denen sie der Regierung direkt helfen würden, Internetnutzer auszuspionieren oder vom Web auszuschließen – so zum Beispiel Cisco Systems, das spezielle Online-Spionagesysteme liefere, hieß es seinerzeit. Nun ärgert Pain, dass Yahoo die Angelegenheit "als PR-Krise sieht – und nicht als Krise der Menschenrechte".

Siehe zum Thema auch: (anw)