Unterhaltungsbranche stört sich an Amazons Cloud Drive

Vor allem die Streaming-Funktion von Amazons neuem Cloud-Speicher sorgt in der Musik- und Filmindustrie für lange Gesichter. Amazon ist ohne Lizenzen an den Start gegangen und riskiert Ärger mit den Rechteinhabern.

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Amazons neuer Cloud-Dienst könnte dem US-Konzern Ärger mit der Unterhaltungsindustrie einhandeln. Laut US-Medienberichten sorgt der am Montag in den USA vorgestellte Amazon Cloud Drive für Verstimmung in der Musik- und Filmindustrie. Noch gibt es keine rechtlichen Konsequenzen, doch beobachtet vor allem die Musikindustrie den neuen Dienst mit Argusaugen.

In der Unterhaltungsbranche herrscht offenbar die Auffassung, dass ein Cloud-Dienst mit einer Streaming-Möglichkeit, wie sie der von Amazon ebenfalls vorgestellte Cloud Player bietet, dafür Lizenzen von den Rechteinhabern erwerben muss. Ein Vertreter von Sony Music zeigte sich gegenüber dem Wall Street Journal enttäuscht, dass der Amazon-Dienst "nicht von Sony Music lizenziert ist". Laut CNET News äußerten mehrere Branchenvertreter die Überzeugung, der neue Cloud-Dienst verletze ihre Rechte.

Amazon sieht das erwartungsgemäß anders. Der Anbieter vergleicht seinen Dienst mit einem gängigen Massenspeichermedium. "Wir brauchen keine Lizenz, um Musik zu speichern", sagte Amazons Musik-Direktor Craig Pape der New York Times. "Die Funktion ist dieselbe wie bei einer externen Festplatte." Doch scheint bei Amazon aller zur Schau gestellten Selbstsicherheit zum Trotz durchaus Problembewusstsein zu herrschen.

Das Unternehmen hat nach Informationen von CNET im Vorfeld mit Vertretern von Musiklabels und Filmstudios gesprochen. Amazon habe den neuen Cloud-Dienst schnell umsetzen und langwierige Lizenz-Verhandlungen vermeiden wollen. Damit kommt der Online-Händler auch den Konkurrenten Apple und Google zuvor, die Gerüchten zufolge selbst an Streaming-Diensten arbeiten.

Doch ist die Lizenzierung für Streaming-Dienste ein schwieriger Prozess. Das muss derzeit unter anderem der Musikdienst Spotify erfahren, dessen Debüt in den USA und Deutschland weiter auf sich warten lässt. Das beliebte Musikportal Last.fm hat seinen Streaming-Dienst dagegen wieder eingestellt.

Dabei sei der Anbieter entschlossen gewesen, den Dienst auch ohne Lizenzen zu starten und darüber später zu verhandeln. Bei den großen vier Labels sei das weniger gut aufgenommen worden. Unklar ist, wie die Branche reagiert – das Potenzial für einen kapitalen Rechtsstreit hat die Geschichte allemal, wie der langjährige Prozess von EMI gegen das Online-Musikschließfach von MP3tunes zeigt.

Amazon hatte seinen Cloud-Dienst am Montag vorgestellt. Nutzer mit einem Amazon-Konto können sich bei Cloud Drive anmelden und kostenlos 5 GByte Daten auf Amazons Server hochladen. Dort im MP3- oder AAC-Format gespeicherte Musik lässt sich über das Webinterface des Amazon Cloud Player streamen. Für Besitzer von Android-Smartphones oder -Tablets gibt es den Cloud Player auch als App. (vbr)