Musikindustrie: Privatkopie am besten ganz abschaffen

"Wir vertreten nach wie vor die Position, dass es die optimale Lösung wäre, die digitale Privatkopie zu verbieten", meinte die Justiziarin des Bundesverbands der Deutschen Phonoverbände.

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Von
  • Monika Ermert

Ein eindeutiges Nein zur Privatkopie bei digitalen Medien gab die Justiziarin des Bundesverbands der Deutschen Phonoverbände (IFPI), Nora Braun, bei der Tagung "Allianz von Recht und Technik" in Stuttgart zu Protokoll. "Wir vertreten nach wie vor die Position, dass es die optimale Lösung wäre, die digitale Privatkopie zu verbieten", erklärte Braun auf Nachfrage von Teilnehmern der Veranstaltung. "Oder man schränkt sie erheblich ein", schlug sie als Ersatz vor. Bislang ist der Gesetzgeber in diesem Punkt nicht den Vorschlägen der Rechteinhaber gefolgt und hat auch in der zweiten Runde der Novellierung des deutschen Urheberrechts die Privatkopie zumindest grundsätzlich bestätigt.

Nach dem gegenwärtig gültigen Urheberrecht sind für den privaten Gebrauch Kopien auch von digital gespeicherten Originalen gestattet, solange dabei kein Kopierschutz umgangen wird. Im Gegenzug sind beispielsweise CDs mit einer Pauschalabgabe belegt, um den Urhebern eine Vergütung zukommen zu lassen. Alternativ kann aber ein Rechteverwerter auch digitale Medien per DRM schützen und eine individuelle Abrechnung vorsehen – ein dergestalt ausgelegter Kopierschutz darf laut Gesetz auch von privaten Nutzern nicht umgangen werden. Dies soll nach den bisherigen Plänen des Bundesjustizministeriums auch in der weiteren Novellierung des Urheberrechts so bleiben. Sowohl die Musikindustrie als auch die Hardware-Branche, auf deren Geräte ebenfalls teilweise schon Urheberrechts-Pauschalabgaben fällig werden, plädiert seit einiger Zeit für eine Abschaffung des Pauschalvergütungssystems und einen vollständigen Schwenk zu individueller Abrechnung per DRM.

Braun nannte "erhebliche Brennaktivitäten", die zu Umsatzeinbußen der Branche führten, als Grund für die starre Haltung der Musikindustrie gegenüber der Privatkopie. "Die Privatkopie wird als Kaufersatz genutzt", betonte Braun. Dafür aber sei die Privatkopie bei ihrer Einführung niemals gedacht gewesen. Der Kasseler Jurist Walter Blocher erinnerte allerdings daran, dass es Privatkopierrechte nicht erst in den Sechzigerjahren gegeben habe. Vielmehr habe es solche Rechte auch in Gesetzen von 1901 und aus den Zwanzigerjahren gegeben. Blocher gab der Hoffnung Ausdruck, dass die Debatte um den zweiten Korb der Urheberrechtsnovelle noch nicht zu Ende geführt sei.

Blocher nannte die Idee einer Kulturflatrate durchaus sympathisch, auch wenn man dadurch schnell der Verfolgung kommunistischer Ideen bezichtigt werde. Mehrere Juristen auf der Tagung betonten, dass internationale Verträge allerdings eine Zweigleisigkeit im System erforderlich machen würden. Urheber müssten auf jeden Fall die Wahl haben, ob sie sich über eine Flatrate oder lieber über herkömmliche, durch Verwerter geregelte vertragliche Honorare entlohnen lassen wollen. "Es gibt eben auch Madonna", sagte Braun: Mindestens die Madonnas dieser Welt hätten an einer Kulturflatrate wenig Interesse und dürften nicht in ein System gezwungen werden.

Die Abschaffung der legalen Privatkopie würde, lautet Brauns Hoffnung, auch ein weiteres Problem beheben, das die Musikbranche neu identifiziert hat. "Es gibt intelligente Aufnahmesoftware, die es erlaubt, Radiosendungen nach gewünschten Songs zu durchsuchen und vom Ergebnis eine CD brennen zu lassen", erläuterte Braun. Das Brennen dieser CD sei als legale Privatkopie derzeit ohne Weiteres erlaubt. Das gefällt den Rechteinhabern aber gar nicht. Abzulehnen sei auch die Idee eines "rights to hack", um eine gemäß urheberrechtlicher Schrankenregelungen erlaubte Nutzung durchzusetzen. Braun verwies da lieber auf Vereinbarungen wie die zwischen der Musikindustrie und der Deutschen Bibliothek. Dabei werden unter anderem Schlüssel für geschützte Werke zur Verfügung gestellt, um der Bibliothek den Zugriff zu ermöglichen und die Archivierung zu sichern.

Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Monika Ermert) / (jk)