SPÖ und ÖVP beschließen Vorratsdatenspeicherung in Österreich

Mit den Stimmen der Abgeordneten von SPÖ und ÖVP hat der österreichische Nationalrat wie erwartet die Einführung Vorratsdatenspeicherung zum 1. April 2012 beschlossen.

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Mit den Stimmen der Abgeordneten von SPÖ und ÖVP hat der österreichische Nationalrat am Donnerstag wie erwartet die Einführung Vorratsdatenspeicherung zum 1. April 2012 beschlossen. Vereinzelt ventilierte Gegenstimmen aus den beiden Regierungsfraktionen blieben aus. Der SPÖ-Abgeordnete Johann Maier, der seit 2009 Vorsitzender des Datenschutzrates ist, verließ vor der Abstimmung den Saal. In den namentlichen Abstimmungen votierten 104 beziehungsweise 103 Abgeordnete für die Einführung der Vorratsdatenspeicherung, 67 respektive 66 dagegen.

Damit fehlten aus den Reihen der Regierungsparteien gerade 4 beziehungsweise 5 Abgeordnete, bei der Opposition fehlten acht respektive neun. Der österreichische Nationalrat ist die erste Kammer des Parlaments und zählt insgesamt 183 Abgeordnete. Ein Antrag der Opposition, die neuen Überwachungsgesetze von der Tagesordnung zu nehmen, fand ebenso wenig eine Mehrheit, wie ein Antrag, die Materie zu weiterer Beratung an die zuständigen Ausschüsse zurückzuverweisen.

Die Vorratsdatenspeicherung beruht auf einer EU-Richtlinie, der Minister aus allen EU-Mitgliedsstaaten zugestimmt haben. Für Österreich war dies die damalige Justizministern Karin Gastinger (BZÖ). Ihre Partei ist nicht mehr an der Regierung beteiligt und steht der Vorratsdatenspeicherung inzwischen ablehnend gegenüber. Die frisch angelobte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) unterstützte am Donnerstag die Vorratsdatenspeicherung mit dem Argument, dass Datenschutz nicht zum Täterschutz werden dürfe. BZÖ-Mandatar Peter Westenthaler verwies in einer Wortmeldung darauf, dass die neuen Überwachungsmaßnahmen die Aufklärungsquote um lediglich 0,006 Prozent steigerten.

Die Zustimmung der 2. Kammer des österreichischen Parlaments, des Bundesrates, gilt als Formsache. Zwar können die Mitglieder, anders als im deutschen Bundesrat, frei abstimmen, in der Praxis wird aber nach Parteilinie votiert. ÖVP und SPÖ verfügen im Bundesrat über eine komfortable Mehrheit von 49 von insgesamt 62 Stimmen.

Die Oppositionsparteien haben allerdings ihren Kampf gegen die Vorratsdatenspeicherung noch nicht aufgegeben. Gemeinsam könnten sie die beschlossenen Vorschriften vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen lassen. Dazu wäre eine ungewöhnliche Zusammenarbeit von FPÖ, Grünen und BZÖ notwendig, denn es sind die Unterschriften von mindestens 61 Nationalratsabgeordneten erforderlich. Das BZÖ möchte eine solche Allianz in die Wege leiten.

Im Bundesrat wären für einen entsprechenden Antrag 21 Mitglieder ausreichend, die sich aber wohl kaum finden lassen werden. Auch eine Landesregierung könnte einen Antrag beim VfGH stellen, was aber als unwahrscheinlich gilt. Zwar hat sich der Wiener Gemeinderat im vergangenen Jahr mit großer Mehrheit gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen; dennoch dürfte die SPÖ-geführte Landesregierung nicht gegen die SPÖ-geführte Bundesregierung vor den VfGH ziehen. Schließlich könnten betroffene Bürger nach Inkrafttreten der Vorratsdatenspeicherung versuchen, eine Individualbeschwerde beim VfGH einzubringen. Eine entsprechende Initiative haben die Grünen angekündigt.

Die Regierungsfraktionen haben am Donnerstag auch einige unverbindliche Entschließungsanträge beschlossen. Unter anderem kündigen sie darin an, die nun beschlossene Vorratsdatenspeicherung anzupassen, sollte die EU-Richtlinie geändert werden. Sie erwarten entsprechende Aktivitäten in Brüssel für Dezember diesen Jahres.

Die genauen Gesetzestexte der österreichischen Vorratsdatenspeicherung sind gegenwärtig noch nicht bekannt, da die Regierungsvorlage durch zwei Abänderungsanträge in Nationalratsausschüssen abgeändert wurde. Diese Anträge sind als solche nicht öffentlich, die schlussendlich verabschiedete Version der Gesetzesnovellen liegt noch nicht vor. (jk)