Mensch gegen Maschine: Die Niederlage des Außenseiters

Schachweltmeister Wladimir Kramnik, der sich im Vorfeld des Schach-Schaukampfs selbst zum Außenseiter erklärt hatte, konnte im Duell gegen das Computerprogramm Deep Fritz keine der sechs Partien gewinnen, nur vier Unentschieden erreichen.

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Von
  • Lars Bremer

Schachweltmeister Wladimir Kramnik, der sich im Vorfeld des Schach-Schaukampfs gegen Deep Fritz schon selbst zum Außenseiter erklärt hatte, hat sein Match gegen das Computerprogramm Deep Fritz mit 2 zu 4 Punkten verloren. Er konnte keine der sechs Partien gewinnen, nur vier Unentschieden erreichen. Dabei wurde der Computer nur in der zweiten Partie vom blinden Glück begünstigt, als der Weltmeister in guter, aber nicht gewonnener Stellung ein einzügiges Matt übersah. Wer glaubt, dass so etwas Menschen, nicht aber Programmen und schon gar nicht Deep Fritz passieren kann, sollte mal einen Blick auf die Webseite des holländischen Schachjournalisten Tim Krabbé werfen.

Eine Gewinnstellung hatte Kramnik nur in der ersten Partie, während die Partien drei bis fünf zwar ausgeglichen verliefen, Fritz jedoch am Drücker und Kramnik in der Verteidigung sahen. Damit hatte der Weltmeister keine Chance mehr, den Schaukampf zu gewinnen und zusätzlich zu seinen 500.000 US-Dollar Startgeld die ebenso hohe Siegprämie zu kassieren. In der sechsten und letzten Runde wich er daher von seiner Strategie ab, früh so viele Figuren wie möglich zu tauschen und seine Chance im Endspiel zu suchen, sondern strebte einen komplizierten strategischen Kampf an, um wenigstens den Ausgleich zu schaffen. Damit schien er zunächst Erfolg zu haben: Mit einem unüblichen Zug warf er Fritz aus der Eröffnungsbibliothek. Die Matchregeln sahen vor, dass Kramnik während der Eröffnungsphase sämtliche Züge und Statistiken der gewählten Variante auf Fritz' Bildschirm ansehen durfte. Es war ihm also klar, dass Fritz bereits seinen achten Zug selbst würde berechnen müssen.

Aber Fritz, einmal von der Leine gelassen, schickte sich nicht in die ihm vielleicht zugedachte Opferrolle, sondern stürzte sich umgehend in den Angriff. Kramnik erreichte zwar eine ausgeglichene Stellung, die jedoch sehr kompliziert war, und verbrauchte viel von seiner Bedenkzeit. Dann übersah er einen starken Zug von Fritz, ein Opfer, dessen Annahme schnell zum Matt geführt hätte, und wurde in wenigen Zügen überrollt. Mit Mühe konnte sich der Weltmeister in ein Endspiel retten, in dem er einen Bauern weniger hatte, aber ein Minusbauer ist nicht nur unter Großmeistern schon der schleichende Tod. Dazu kam eine passive Stellung, und nach 47 Zügen gab Kramnik auf.

Trotz aller ihm vertraglich eingeräumten Vorteile konnte der Weltmeister der Maschine also letztlich kein Paroli bieten, sondern nur ein paar Partien unentschieden halten, womit er seine Sache immerhin besser gemacht hat als sein Kollege Michael Adams, der gegen den Hardware-Cluster Hydra nur ein Remis in sechs Partien schaffte. Die Ehre der Menschheit stand aber nach Ansicht von Hydras Programmierer Chrilly Donninger weder hier noch da auf dem Spiel: "Wenns um die Ehre ginge, würde Kramnik gratis spielen", sagte er in einem Interview der Sonntags-Zeitung Zürich.

Bei einem Schaukampf geht es vor allem um Unterhaltung. Liebhaber feurigen Angriffs-Schachs kamen nur in der sechsten Partie auf ihre Kosten, die Freunde menschlichen Versagens in der zweiten Partie. Experten mit einem Faible für strategische Endspiele mögen die restlichen Runden genossen haben: Das Forum der Bundeskunsthalle, in dem das Match gespielt wurde, war fast immer voll besetzt, und im Internet sahen nach Angaben des Veranstalters mehr als zehn Millionen Schachfreunde zu. (Lars Bremer) / (jk)