IFA

Kaum noch Schrauber-Jobs in der Unterhaltungselektronik

Die Jobs in der Unterhaltungselektronik-Branche sind vielfältiger geworden. Doch sie haben nur noch wenig mit Leuten zu tun, die Fernseher zusammenschrauben oder Antennen an Radios montieren.

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Von
  • Verena Wolff
  • dpa

Die Jobs in der Unterhaltungselektronik-Branche sind vielfältiger geworden. Doch sie haben nur noch wenig mit Leuten zu tun, die Fernseher zusammenschrauben oder Antennen an Radios montieren. "Die Fertigung ist nahezu komplett ins Ausland verlagert", sagt zum Beispiel Klaus Petri, Sprecher von Philips in Hamburg, im Vorfeld der Internationalen Funkausstellung IFA. Viele der heutzutage Beschäftigten haben einen Hochschulabschluss, doch auch Bewerber mit Realschul- oder Hauptschulabschluss sind nicht chancenlos.

Konzerne wie Philips sind in Deutschland zu reinen Vertriebs- und Marketingorganisation geworden. "99 Prozent der Leute, die bei uns eingestellt werden, sind Wirtschaftswissenschaftler", sagt Petri. "Wir haben deutlich weniger Kompetenzen in der Hardware-Produktion als in der Prototypenentwicklung", erläutert Axel Garbers vom Branchenverband Bitkom in Berlin: Viele Geräte werden in Deutschland entwickelt und in Osteuropa zusammengeschraubt.

Gute Chancen beim Berufseinstieg haben im Moment auch Elektro- und Nachrichtentechniker, technische oder Wirtschafts-Informatiker und Physiker. Dennoch haben auch Absolventen einer dualen Berufsausbildung gute Karten -- gerade in Zeiten, da das Wohnzimmer oder das ganze Haus zunehmend vernetzt wird. Funknetze, Hotspots und WLAN müssen genauso installiert werden wie die Hardware aufgestellt und eingerichtet werden muss. Für die Erledigung dieser Aufgaben sind etwa IT-Systeminformatiker gefragte Fachkräfte.

Ohnehin verschwimmen die Grenzen zwischen Unterhaltungselektronik und Informationstechnologie immer mehr. "Vom Fernseher über die Hausgeräte bis zur Steuerungselektronik für Autos funktioniert kaum noch ein Gerät ohne Chips", sagt Cornelia Winter von der Gesellschaft für Informatik (GI) in Bonn. Somit sind in den entsprechenden Berufen auch Kenntnisse in Softwaretechnik gefordert. Vor allem auf ältere Arbeitnehmer hat das negative Auswirkungen: Ihr Qualifikationsprofil passt oft nicht mehr.

Auch in den einzelnen Studiengängen ist der Trend hin zu Fächer übergreifenden Qualifikation immer deutlicher spürbar. "Es gibt Medien- und Nachrichtentechnik, Wirtschaftsinformatik und weitere Studiengänge, die für die Arbeit bei den Unternehmen qualifizieren", sagt Garbers. Nach seinen Worten wird es immer wichtiger, dass die Mitarbeiter nicht nur gute Ideen für die Entwicklung neuer Produkte haben. "Praktisch ist auch, wenn sie wissen, wie ein Geschäftsmodell dazu aussehen kann."

Durch die Konvergenz der Medien und die nicht mehr klare Abgrenzung zwischen den verschiedenen Branchen stehen die Job-Chancen insgesamt gut: "Nach dem Boom-Jahr 2000 und der nachfolgenden Marktbereinigung beobachten wir seit gut einem halben Jahr wieder leicht positive Effekte am IT-Arbeitsmarkt", sagt Davide Villa von der Online-Jobbörse Monster. "Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend mittelfristig festigen wird."

Manches wird auch noch in Deutschland produziert -- doch von den Fließbändern kommen keine Hausgeräte, Fernseher oder Stereoanlagen mehr. Stattdessen beschäftigt etwa Philips in Deutschland mehr als 5000 Mitarbeiter in der Herstellung von Halbleitern für ihre Produkte. Wer tatsächlich noch schraubt, arbeitet meist in Werkstätten, die von den Herstellern zertifiziert werden. "Auch hier muss man sagen: Der Trend geht eindeutig zu Großwerkstätten."

Wichtiges Qualifikationsmerkmal -- egal ob für Gesellen, Meister oder Hochschulabsolventen -- sind heute die so genannten Soft Skills: "Kommunikationsfähigkeit ist innerhalb der Firma und im Kontakt nach außen extrem wichtig", erläutert Axel Garbers von Bitkom. "Auch Sprachenkenntnisse, Auslandsaufenthalte und Wissen aus anderen Gebieten kann bei der Jobfindung hilfreich sein", sagt GI-Sprecherin Cornelia Winter. (Verena Wolff, dpa) / (jk)