Nachricht an die G8: Netzregulierung eher unerwünscht

Auf dem ersten eG8-Forum von Branchengrößen aus der Medien- und Internetwirtschaft, das am Dienstag und Mittwoch unmittelbar vor dem G8-Gipfel in Paris stattfand, dominierten die Aufrufe an die Regierungen zur Zurückhaltung.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 34 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert

Auf dem ersten eG8-Forum von Branchengrößen aus der Medien- und Internetwirtschaft, das am Dienstag und Mittwoch unmittelbar vor dem G8-Gipfel in Paris stattfand, dominierten die Aufrufe an die Regierungen zur Zurückhaltung. Die Schlussrunde mit den Chefs von Vivendi, Alcatel-Lucent, France Telecom und Huawei sowie dem Ex-Google-CEO Eric Schmidt empfahlen Nutzung und nicht Beschränkung des Internets, Unterstützung des Sektors durch Investitionen in Infrastruktur und Bildung und die gemeinsame Suche nach Lösungen. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hatte am Nachmittag unter anderem zur Diskussion beigetragen, die Zusammenarbeit zwischen Regierungen und Unternehmen sei so lange auf einem guten Weg, wie mögliche Folgen und Nebenwirkungen von Eingriffen berücksichtigt würden.

Schmidt beschwor erneut die Überlegenheit technischer Lösungen, gleich ob es um neue Möglichkeiten zur Vergütung, neue Wege beim Datenschutz oder mehr Sicherheit im Netz gehe. Erst wenn die Technik keine Ergebnisse liefere, sollten Regierungen über Regulierung nachdenken. Vivendi-Chef Jean-Bernard Levy sagte zum Thema Urheberrecht hingegen, Millionen Kreative erwarteten eine deutliche Stellungnahme der Regierungen.

Aus dem Katalog der Empfehlungen aus den einzelnen Podien des eG8-Forums verworfen wurde die schärfste Warnung vor einer staatlichen Regulierung des Internet des Urheberrechtsexperten Lawrence Lessig. Er hatte in Paris die Regierungen der Komplizenschaft mit den etablierten, marktbeherrschenden Unternehmen bezichtigt. Weil Regierungen sich immer wieder mit gesetzgeberischen Antworten auf die Seite der "Old Economy" schlügen, hätten sie das Vertrauen verspielt, sie könnten die richtigen Antworten auf die Fragen der Informationsgesellschaft geben. Diese Aussage von Lessig missfiel insbesondere Stephane Richard, CEO der France Telecom.

Welche der Botschaften es am Ende zu den am Donnerstag nach Deauville reisenden Staatschefs schaffen werden, bleibt nach der vielstimmigen Schlussrunde erst einmal ein Geheimnis der Organisatoren. Einem Kommentar des von Staatspräsident Sarkozy mit der Ausrichtung des ersten eG8-Forums beauftragten Publicis-Chefs Maurice Lévy war zu entnehmen, dass einige auserwählte eG8-Teilnehmer – unter ihnen Zuckerberg – in Deauville direkt mit den Staatschefs zusammentreffen könnten.

Zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich von der Veranstaltung ausgeschlossen sahen, kritisierten derweil das eG8-Forum. Es sei eine eine große Inszenierung, schimpfte die Organisation Quadratur du Net, die sich für ein freies und offenes Internet einsetzt. "Es dient vor allem dazu, dass sich eine Regierung, die im Grunde nichts von der Welt des Internet versteht, im Kreis von Internet-Größen zeigt", sagte der Sprecher Jérémie Zimmermann. "Bevor man darüber nachdenkt, die Inhalte zu zensieren, muss man erstmal für freies Internet eintreten", meinte Jean-François Julliard von der Organisation Reporter ohne Grenzen.

Der französische Entwurf für die in Deauville geplante Internet-Erklärung sei lange vor dem G8-Treffen fertig gewesen, hieß es aus den Reihen der Kritiker weiter. Die Aktivisten befürchten, dass es auf dem G8-Gipfel beispielsweise um eine verschärfte Durchsetzung von Urheberrechten gehen könne. Über 40 Organisationen haben sich nun in einer eigenen Erklärung an die G8-Konferenz gewandt und die Regierungen aufgefordert, für Meinungsfreiheit, ein Zugangsgrundrecht und Netzneutralität zu sorgen. Organisator Lévy und einige Teilnehmer des Abschlusspodiums bekundeten, dass sie bei einer möglichen Fortsetzung des eG8-Forums an die Zivilgesellschaft denken wollten. Ob es überhaupt zu einer weiteren solchen Veranstaltung kommen wird, ist unklar.

Ein Vertreter von Außenministerin Hillary Clinton erklärte in Paris eine gemeinsame Erklärung über die Freiheit des Internet für wichtig. Der britische Premier David Cameron distanzierte sich laut dem Guardian offenbar von Sarkozys Vorstoß vom Dienstag für Mindeststandards fürs Internet. Das Bundeskanzleramt gab keine Stellungnahme ab. (anw)