Kernel-Log: Schwierigkeiten mit Hardware und "3.0"

Die zweistellige Versionsnummer von Linux 3.0 bereitet noch einige Umstände, an deren Beseitigung fleißig gearbeitet wird. Unsaubere Arbeit der Hardware-Hersteller führt zu Problemen beim Reboot und der Zusammenarbeit mit UEFI-Hardware. Die Pflege der Kernel-Serie 2.6.38 endet bald.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
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Nur einige Stunden nach der Freigabe der ersten Vorabversion von Linux 3.0 erschienen erste Patches, durch die der Kernel selbst besser mit der neuen zweistelligen Versionsnummer zurechtkommt. Unter den Änderungen ist ein Workaround für das Programm Depmod. In die kurz nach Linux 3.0-rc1 veröffentlichte Version 3.13 der module-init-tools zog parallel ein Patch ein, der die Ursache der Depmod-Probleme beseitigt. Einige Entwickler haben vorgeschlagen, Torvalds solle den Kernel aufgrund dieser und ähnlicher Probleme doch 3.0.0 und nicht 3.0 nennen; das selbst ernannte Alpha-Männchen der Kernel-Entwicklung hat sich dazu aber bislang nicht geäußert.

Joe Pranevich hat unterdessen einen Entwurf eines Artikels mit dem Titel "Wonderful World of Linux 3.0" veröffentlicht, der die wichtigsten in den letzten Jahren vorgenommenen Kernel-Änderungen auflistet. Einen ähnlichen Artikel hatte Pranevich schon zum Erscheinen von Linux 2.6.0 geschrieben. David Lang sorgt sich allerdings, solch ein Dokument könne den Eindruck erwecken, Linux 3.0 sei eine größere Überarbeitung; ähnliche Bedenken äußert auch Willy Tarreau, der die Kernel-Serien 2.4 und 2.6.37 betreut. Schon in der Freigabe-Mail zu 3.0-rc1 hat Torvalds sehr deutlich gesagt, dass 3.0 keine größeren Neuerungen bringt als die Vorgänger der 2.6er-Serie und lediglich eine neue Nummerierung angewendet wird.

Der Kernel-Hacker Matthew Garrett versucht seit einigen Wochen verstärkt, Probleme zu beseitigen, die beim Zusammenspiel von Linux und UEFI (Unified Extensible Firmware Interface) auftreten, das bei neueren Mainboards BIOS-Funktionen ersetzt. Einige seiner teilweilse amüsant beschriebenen Erkenntnisse und Erlebnisse finden sich in seinen Tweets sowie den Blog-Einträgen "EFI implementation bugs" und "Trials and tribulations with EFI". Dort erwähnt er auch einige in Linux 3.0 eingeflossene Korrekturen, welche die Situation verbessern sollten. Bei unseren Versuchen in den c't-Labors gelang es bisher bei so gut wie keinem Desktop-Mainboard, eine gängige Linux-Distribution per UEFI zu booten.

Die Situation ist ähnlich wie vor Jahren bei ACPI: Die UEFI-Spezifikation ist an einigen Stellen nicht eindeutig; in anderen Bereichen halten sich die Hersteller nicht exakt an die Vorgaben oder tricksen, um bestimmte Funktionen zu ermöglichen. Linux stolpert dann gelegentlich an solchen Stellen, denn ob in der Praxis alles funktioniert, testen viele Hardware-Hersteller nur mit aktuellen Windows-Versionen.

ACPI und UEFI sind nicht die einzigen Bereiche, wo Ungenauigkeiten oder Tricksereien der Hardware-Hersteller Problemen nach sich ziehen. Selbst bei so etwas vermeintlich Simplem wie der Anweisung zum Reboot gibt es einige Probleme beim Zusammenspiel zwischen Hardware und Linux. Hintergründe erläutert Garrett in einem Blog-Eintrag; demnach booten einige Systeme von Apple und Lenovo nur neu, wenn die Anweisungen zum Neustart in einer ähnlichen Art eintrudeln, wie Windows sie sendet. Patches, damit der Kernel genau das macht, sind in Linux 3.0 eingeflossen.