Internet-Enquete: Der Weg ist das Ziel

Mehr als ein Jahr nach der ersten Sitzung kommt die Enquete-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft nicht so schnell voran wie geplant. Zwei Drittel der Arbeit liegen zur Halbzeit noch vor den Delegierten.

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Von
  • Torsten Kleinz

Mitglieder der Enquete-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft des Deutschen Bundestags haben auf dem Politcamp 2011 am Wochenende in Bonn für eine verstärkte Beteiligung der Bürger an politischen Entscheidungsprozessen geworben. Das diese Prozesse länger dauern können, lebt die Kommission vor: Mehr als ein Jahr nach der ersten Sitzung sind erst vier der zwölf geplanten Projektgruppen zusammengekommen. "Zwei Drittel der Arbeit liegt nach wie vor vor uns", sagte Manuel Höferlin (FDP).

Die Fertigstellung des inhaltlichen Zwischenberichts ist für den 27. Juni geplant. Ob der Ausschuss sein Arbeitsspektrum wie geplant bis bis zum Sommer 2012 bewältigen kann, scheint allerdings ungewiss. "Wer gerechte Lösungen will, braucht Zeit", erklärte der Bundestagsabgeordnete Peter Tauber (CDU). Ein Grund für die Verzögerung ist die verspätete Einführung der Beteiligungsplattform Adhocracy, die zunächst vom Ältestenrat des Bundestags abgelehnt worden war.

Die am besten bewerteten Vorschläge auf der Plattform sollen zur weiteren Beratung an die Projektgruppe weitergeleitet werden. Die Beteiligung ist allerdings noch sehr gering, wie unter anderem die Sachverständige Nicole Simon hervorhob. Das hat Folgen: In der ersten Runde hätten die erfolgreichsten Vorschläge jeweils nur fünf bis zehn Stimmen bekommen. "Wenn irgendeine Organisation 25 Leute zusammenbringt, bekommt die Projektgruppe ihren Vorschlag ausgedruckt auf den Tisch", sagte Simon. Sollten Verbände und Organisationen das Online-Tool nutzen, hätten sie leichtes Spiel, andere Bürgervorschläge zu übertrumpfen.

Grünen-Abgeordnete Tabea Rößner betonte, dass ohne eine entsprechende Bürgerbeteiligung die Vorschläge der Kommission im Bundestag weniger Beachtung fänden. "Damit man hier punkten kann, braucht man eine große Beteiligung." Die Abgeordneten zeigten sich aber optimistisch, dass die Bürger bei den neuen Projektgruppen von Anfang an mehr eingebunden werden können. So seien bisher eher technische Themen wie Netzneutralität beraten worden, in Zukunft würden mehr gesellschaftliche Themen eine Rolle spielen. So kam am Montag die Projektgruppe "Demokratie und Staat" zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen.

Einen dauerhaften Ausschuss zur Netzpolitik lehnen die Abgeordneten ab. So verwies Peter Tauber darauf, dass andere Ausschüsse nur sehr ungern auf entsprechende Kompetenzen verzichten würden. Höferlin verweis auf die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der netzpolitischen Themen: "Netzpolitiker müssen in Zukunft in allen Ausschüssen sitzen".

Kritik an der Folgenlosigkeit der Enquete-Kommissionen wie der der Vorgänger-Kommission von 1998 zum Thema "Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft" (Abschlussbericht als PDF-Datei) wiesen die Mitglieder zurück. "Die Debatte ist an bestimmten Stellen wichtiger als das Ergebnis", sagte Linken-Abgeordnete Halina Wawzyniak. Allein durch die Diskussion würden die Themen und die Thesen der Internetgemeinde in den Bundestag getragen. Aber auch in Medien und Gesellschaft müsse die Auseinandersetzung mit den Themen stattfinden: "Solange die Diskussion im parlamentarischen Raum bleibt, wird wenig passieren."

In einer eigenen Session zu Verbesserungsvorschlägen an die Enquete-Kommission konnten die Abgeordneten allerdings nur wenige konkrete Verbesserungsvorschläge aufgreifen. Die Teilnehmer versuchten die Abgeordneten auf Transparenz einzuschwören und verwiesen darauf, dass die Mitarbeit für Bürger einfacher werden müsse. Ein Teilnehmer schlug eine Namensänderung vor: "Nennt die Plattform nicht Adhocracy. Allein der Name würde meine Mutter abschrecken, daran teilzunehmen." (vbr)