EU-Kommissarin will Notrufknopf fürs Internet

Neelie Kroes, in Brüssel für die Digitale Agenda zuständig, hat auf der 1. öffentlichen Versammlung zur Umsetzung ihres Aktionsplans Nachholbedarf etwa beim Schutz von Kindern und Jugendlichen, bei "Breitband für alle" und in Sicherheitsfragen ausgemacht.

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Neelie Kroes, EU-Kommissarin für die Digitale Agenda, hat auf der 1. öffentlichen Versammlung zur Umsetzung ihres Aktionsplans in Brüssel einen "Statusbericht zur digitalen Union" abgeliefert. "Wir brauchen den politischen Willen, Informations- und Kommunikationstechnik als essenziellen Motor unserer Wirtschaft zu nutzen, nicht als optionales Extra", erklärte die Niederländerin am Donnerstag auf der Digital Agenda Assembly. Ein gutes Jahr nach der Vorstellung ihres Maßnahmenpakets seien zwar Fortschritte zu verzeichnen, sie habe aber noch einige unerledigte Punkte auf ihrer Liste. Diese müssten nun gemeinsam mit der Wirtschaft und den Nutzern angegangen werden.

Die Kommissarin will vor allem den Kinder- und Jugendschutz verbessern. Für den Nachwuchs sollte es einfach sein, Anmache übers Netz oder anstößige Inhalte zu melden, am besten über eine Art Notrufknopf, mit dem Betreiber oder andere zuständige Stellen "mit einem Klick" benachrichtigt werden könnten. Hierzulande hat das der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) mehrfach gefordert. Kroes plädierte auch dafür, die Einstellungen für den Datenschutz bei sozialen Netzwerken für jugendliche Nutzer standardmäßig hoch anzusetzen. Es solle auch mehr Werkzeuge zur Alterseinstufung von Online-Inhalten geben und die Kontrollmöglichkeiten der Eltern gestärkt werden. Die Kommissarin kündigte eine umfassende Initiative zum Einsatz neuer Technik gezielt für Kinder und Jugendliche an.

Noch nicht weitergekommen ist Kroes nach eigenen Angaben mit ihrem Ziel, "Breitband für alle" zu ermöglichen. Es sei nicht akzeptabel, dass der Ferne Osten die Technik und der "Ferne Westen" die Inhalte für das schnelle Internet liefere, während die Europäer nur die Kreditkarten zückten und die Welt im Breitbandrennen an sich vorbeirauschen ließen. Um die anderen einholen zu können sei ein Technologie-Mix mit Funk- und Satellitenverbindungen und ein starker Wettbewerb nötig. EU-Fördermittel sollen besser beansprucht werden. Mitte Juli wolle sie mit den Chefs großer Telekommunikationsanbieter das weitere Vorgehen besprechen.

Kroes hält es für nötig, das Vertrauen der Bürger ins Netz zu erhöhen und die Cybersicherheit zu gewährleisten. Dafür sei neben der Verwirklichung des einschlägigen Handlungsplans auch nötig, international enger zu kooperieren. So werde zum Jahresende eine erste Cyber-Übung mit den USA stattfinden. Außerdem wichtig für Kroes ist es, einen Binnenmarkt für digitale Inhalte zu schaffen, die Copyright-Bestimmungen "fitzumachen", die Roaming-Gebühren weiter einzugrenzen und die Nutzung von öffentlichen Informationen gemäß dem "Open Data"-Ansatz zu fördern.

In diesem Zusammenhang vergab Kroes Preise in den Wettbewerben "Open Data Challenge" und "Hack4Europe!" für die besten Ideen zur kreativen Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors und von offenen Daten des Kulturbereichs. Jonas Gebhardt von der Universität Potsdam wurde für eine Anwendung ausgezeichnet, mit der sich Bürger über die Stadtplanung in ihrem Umfeld informieren können. Oliver O'Brien vom University College in London erhielt einen Preis für eine Anwendung, die für mehr als 30 Städte weltweit die aktuelle Situation von City-Bike-Systemen visualisiert. Jakub Jurkiewicz von der polnischen Firma iTraff Technology gewann einen Preis für eine Mobilanwendung, die das Foto eines beliebigen Gemäldes in einem Museum verarbeitet und eine Beschreibung des Bildes in einer beliebigen EU-Sprache ausgibt. (anw)