Rollstuhl mit Kinect-Anschluss

Ein Forscher hat Microsofts Gestenerkennung so umgebaut, dass sie Behinderte beim Shopping unterstützen kann - in Verbindung mit einem motorisierten Einkaufswagen.

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Von
  • David Zax

Ein Forscher hat Microsofts Gestenerkennung so umgebaut, dass sie Behinderte beim Shopping unterstützen kann – in Verbindung mit einem motorisierten Einkaufswagen.

Kinect-Hacks sind mittlerweile zu einem eigenen Genre im Sektor der computerisierten Innovationen geworden: Mit der kostengünstigen Bewegungssteuerung, die Objekte und Personen im Raum erstaunlich genau erkennen kann, lassen sich viele interessante Dinge tun. Seit das Zusatzteil für die Microsoft-Konsole Xbox 360 im letzten Herbst auf den Markt kam, gab es jede Menge Bastelexperimente einfacher Nutzer sowie von Forschern: von fliegenden Robotern mit Kinect-Steuerung über Kinect-Handpuppen bis hin zum "Minority Report"-artigen Interface auf Kinect-Basis war alles dabei. Aus einem Spielzeug war ein Werkzeug mit fast unendlichen Möglichkeiten geworden.

Der portugiesische Forscher Luis Carlos Inacio de Matos will die Bewegungssteuerung nun ganz praktisch einsetzen, um behinderten Menschen zu helfen: Mit dem Projekt Wi-Go hat er eine Plattform entwickelt, die Rollstuhlfahrern den Alltag erleichtern kann.

Um die de Matos' Idee zu verstehen, muss man sich zunächst einmal vergegenwärtigen, wie schwierig Rollstuhlfahrer es derzeit beim ganz normalen Einkauf im Supermarkt haben. Neben dem Rolli müssen sie, wenn es etwas mehr Produkte sein sollen, auch noch einen Einkaufswagen bewegen – ein nur mit äußerstem Geschick zu handhabendes Problem.

De Matos, der mit dem Institut für Informatik der Universität Beira Interior in Portugal zusammenarbeitet, hat deshalb nun eine Kombination aus Soft- und Hardware entwickelt, die hier Abhilfe schafft.

Das Kinect-System sitzt dabei auf einem speziell ausgerüsteten Einkaufswagen mit Motor. Der Rollstuhlfahrer fährt dabei wie gewohnt, doch das Bewegungserfassungssystem trackt jede seiner Bewegungen. Wie eine Art Zug ohne direkte Verbindung repliziert das Einkaufswagen-Gefährt das, was der Rollifahrer tut – selbst durch enge Gassen oder Diebstahlschutzeinrichtungen hindurch.

Ganz neu ist die Idee dabei nicht: 2006 entwickelte ein Student an der University of Florida ein ähnliches System namens "Battery Operated Smart Servant", kurz B.O.S.S., das ebenfalls auf Kommando gehorchte. Der Prototyp von de Matos arbeitet dank Kinect aber deutlich feinfühliger und einfacher.

Derzeit ist Wi-Go noch in einem frühen Stadium, auch wenn der Folgemodus bereits gut funktioniert. Eine neue Version soll sich beispielsweise auch parallel zum Rollstuhl bewegen können, damit das Einladen von Produkten aus dem Regal erleichtert wird.

Übrigens dürfte Wi-Go nicht der einzige Kinect-Hack bleiben, der Menschen mit Behinderung unterstützt. Ein Projekt an der Uni Konstanz hilft Blinden, ein weiteres Forschungsvorhaben versucht, Gebärdensprache per Kinect zu erkennen. (bsc)