Medienforum: Netzneutralität mit Diensteklassen

Auf dem Medienforum in Köln erläuterte Günther Horzetzky, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium in NRW, die Pläne der Landesregierung zur Netzneutralität. Bei einem Provider riefen sie Skepsis hervor.

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Von
  • Torsten Kleinz

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens will durch eine gesetzliche Regelung die Netzneutralität sichern. Gleichzeitig sollen die Provider die Möglichkeit bekommen, für unterschiedliche Diensteklassen unterschiedliche Preise zu verlangen. An der Einführung von kostenpflichtigen Leistungsklassen im Netz führt nach Ansicht der Teilnehmer des Medienforums NRW ohnehin kein Weg vorbei.

Günther Horzetzky, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium in NRW meinte am Mittwoch auf dem Forum, wenn es bereits eine den Anforderungen der kommenden Jahrzehnte genügende Breitbandinfrastruktur gäbe, müsse wohl nicht über die Netzneutralität diskutiert werden. Dies sei aber auf absehbare Zeit nicht der Fall. Besonders in der Fläche gebe es noch große Defizite. Durch den ständig wachsenden Datenverkehr besonders durch Online-Videos komme es zwangsläufig zu "Staus auf der Datenautobahn". Die Provider sollten mit Netzwerkmanagement zeitkritische Daten besonders schnell durch das Netz schleusen, gleichzeitig müsse aber auch gesichert werden, dass es keine Diskriminierung gebe. Gleichwohl will die Landesregierung die von den in Nordrhein-Westfalen ansässigen Providern Deutsche Telekom und Vodafone geforderten Diensteklassen mit Preisdifferenzierung einführen.

Die Bundesregierung ist nach Meinung Horzetzkys gefordert, die Prinzipien der Netzneutralität verbindlich festzulegen, klare gesetzliche und regulatorische Rahmenbedingungen zur Sicherung der Netzneutralität sowie Prüf- und Kontrollinstrumente zu schaffen und Verstöße wirksam zu sanktionieren. Die NRW-Landesregierung will Änderungsanträge zur Novellierung des Telekommunikationsgesetzes im Bundesrat einbringen, kündigte Horzetzky gegenüber heise online an.

Vodafone-Deutschlandchef Friedrich Joussen sieht die Pläne skeptisch. Zwar forderte er auch unterschiedliche Diensteklassen, für die die Provider unterschiedliche Entgelte verlangen können. Für den Ausbau des Breitbandnetzes in Deutschland würden Beträge von bis zu 100 Milliarden Euro benötigt. Joussen riet aber von einer gesetzlichen Festlegung der Netzneutralität ab, da der Markt noch nicht ausgereift sei. "Inhalteanbieter und Netzbetreiber sitzen auf großen Langzeit-Investitionen, die sich nur über Skaleneffekte wirtschaftlich lohnen." Damit der Finanzmarkt in den Breitband-Ausbau in Deutschland investiere, müssten Bundle-Angebote möglich sein, mit denen die Unternehmen ihre Investitionen wieder einspielen könnten.

Dass die im Internet starken US-Unternehmen sich nicht an den Netz-Kosten in Europa beteiligten, ist für Joussen nicht nachzuvollziehen. Die Angst vor einem 2-Klassen-Netz sei aber übertrieben, da die Netzbetreiber kein Interesse hätten, Branchenschwergewichte wie Google zu bevorzugen. Die Provider hielten an dem Prinzip fest, wonach die Provider den Datenverkehr nach besten Kräften zum Kunden durchreichen – darüber hinaus gehende Dienste will Vodafone aber kostenpflichtig anbieten.

Herbert Leifker, Geschäftsführer des Kabelnetzbetreibers Unitymedia, warf seinen Konkurrenten vor, den Breitbandausbau verpasst zu haben: "Wir haben in den vergangenen Jahren 28 bis 30 Prozent des Umsatzes investiert – im Gegensatz zu anderen Marktteilnehmern." Deshalb seien für die Kabel-Kunden in absehbarer Zeit keine Engpässe zu befürchten. Joussen wies die Kritik jedoch zurück: Unitymedia habe nur einige hundert Millionen investiert und keine Lösung anzubieten, um den Breitbandausbau in den bisher unterversorgten Gebieten Deutschlands voranzutreiben. (anw)