Studie: Softwarepatente bringen der Branche mehr Ärger als Nutzen

Der US-Rechtswissenschaftler James Bessen hat analysiert, wie sich das Patentierungsverhalten der Softwareindustrie in den vergangenen zehn Jahren verändert hat. Das Risiko, verklagt zu werden, hat sich demnach deutlich erhöht.

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James Bessen, Rechtswissenschaftler an der Universität Boston, hat analyisiert, wie sich das Patentierungsverhalten der Softwareindustrie in den vergangenen zehn Jahren in den USA verändert hat. Laut seiner Studie beantragen die meisten Softwarefirmen nach wie vor keine gewerblichen Schutzrechte. Dafür beantragen einige Größen der Branche sowie Konzerne aus anderen Industrien umso mehr Softwarepatente. Damit sei das Risiko einer Klage wegen angeblicher Verletzung von Schutzrechten "dramatisch angewachsen", schreibt der Forscher. Daraus sei es schwierig zu folgern, Softwarepatente hätten für die Branche selbst insgesamt gerechnet einen "sozialen Nutzen" erbracht.

Patentrechte können Bessen zufolge, der bereits zuvor gemeinsam mit dem Wirtschaftsnobelpreisträger Eric Maskin eine patentkritische Studie verfasste, prinzipiell einige Vorteile mit sich bringen, etwa Anreize für Innovation sowie Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Darüber hinaus würden sie oft als Größe herangezogen, den Marktwert junger Unternehmen zu schätzen. Die in den Patenten enthaltenen technischen Neuerungen offenzulegen könne die Verbreitung des Wissens fördern. Während der 1990-er Jahre hätten Patentanträge von Firmen aus dem Softwaresektor aber nur 7 Prozent des gesamten Aufkommens an Softwarepatenten ausgemacht. Parallel hätten Unternehmen aus der Maschinenindustrie viermal so viele Schutzrechte auf Computerprogramme angemeldet. Aus Untersuchungen, die bis 1998 zurückreichten, gehe hervor, dass nur 24 Prozent der Startups aus der Branche Patente hielten.

Vielfach analysiert worden sei andererseits, dass einzelne Firmen große Mengen Schutzrechte auf Software anhäuften und so "Patent-Dickichte" entstünden. Die Kosten für die Suche nach bereits bestehenden geschützten Erfindungen seien in der Branche sehr groß, da umfangreiche Codeteile betroffen sein könnten; viele innovative Unternehmen könnten sich das nicht leisten und gingen so ein erhöhtes Risiko ein, verklagt zu werden.

Bessen nahm sich für seine Studie eine Auswahl der Technologieklassen vor, die das US-Patentamt für Softwarepatente verwendet. Dazu zählt unter anderem der Bereich der Datenverarbeitung, der digitalen Kommunikation, der Bildanalyse oder der IT-Sicherheit. Außerdem zog er eine Datenbank über Rechtsstreitigkeiten rund um Schutzrechte auf Computerprogramme heran. Die Zahl der von der Branche erworbenen Patente stieg demnach zwischen 1996 und 2006 von 24 auf 33 Prozent an. Der Anteil der dabei vertretenen Startups sei sogar gesunken

Insgesamt hat die Softwareindustrie im engeren Sinne laut der Studie 1996 einen Anteil von 2,8 Prozent an den erteilten Softwarepatenten gehalten, 2006 einen von 9,8 Prozent. Generell sei die Zahl der vergebenen Schutzrechte auf Computerprogramme parallel genauso linear nach oben geklettert wie die der damit zusammenhängenden gerichtlichen Auseinandersetzungen; die Zahl der Gerichtsverfahren habe sich seit 1999 verdreifacht. Ein wieder leicht rückgängiger Effekt sei erst nach jüngsten Urteilen des Obersten Gerichtshof festzustellen, die die Möglichkeiten der Patentierbarkeit etwa von Geschäftsmethoden einschränkten. (anw)