OECD fordert mehr Einsatz der Provider für den Urheberechtsschutz

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung drängt auf eine "freiwillige Zusammenarbeit" der Wirtschaft zur Wahrung der Rechte an immateriellen Gütern.

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Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) drängt auf eine stärkere "freiwillige Kooperation" der Wirtschaft zur Wahrung der Rechte an immateriellen Gütern. In dem am Mittwoch veröffentlichten Abschlussdokument einer hochrangig besetzten Konferenz in Paris spricht sich die OECD unter anderem dafür aus, Provider im Kampf gegen Copyright-Verletzungen einzuspannen. Dabei müssten die Rechte der Nutzer und anderer Interessensvertreter gewahrt werden.

Die OECD appelliert an ihre 34 Mitgliedsstaaten, Provider sollten Rechteinhabern bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche oder bei der Reduzierung illegaler Angebote helfen und ihre Nutzer aufklären. Dabei müsse Rechtssicherheit für die Zugangsanbieter hergestellt werden und die Grundrechte gewahrt bleiben. Weiter fordert die OECD, in einem offenen Verfahren Verhaltensregeln der Wirtschaft zu entwickeln. Obwohl die OECD-Erklärung immer wieder auf "ausgeglichene" Maßstäbe und Interessensabwägungen abstellt, haben die Formulierungen den zivilgesellschaftliche Beirat der OECD dazu veranlasst, seine zunächst signalisierte Zustimmung für das Dokument zurückzuziehen.

Die darin vertretenen rund 80 Organisationen befürchten, dass die Zugangsvermittler angehalten werden, inkriminierte Inhalte ohne weitere Prüfungen zu löschen oder zu blockieren, den Netzverkehr zu filtern oder Systeme zur "abgestuften Erwiderung" auf Urheberrechtsverletzungen gemäß dem "Three Strikes"-Ansatz einzurichten. Das Internet werde nicht als "öffentlicher Raum ernst genommen", erklärte eine Sprecherin des zivilgesellschaftlichen Gremiums. Das Papier setze der sich verbreitenden Zensur des Netzes keine handfesten Grenzen und betone Aspekte des Urheberrechtsschutzes und der Sicherheit im digitalen Raum zu stark.

Über das strittige Urheberrechtsthema hinaus spricht sich die OECD in dem Papier für die Förderung des freien Informationsflusses, die Beibehaltung der offenen, verteilten und verknüpften Natur des Internets sowie Investitionen in Breitbandnetze aus. Hier sehen die OECD-Staaten vor allem den Markt und den Wettbewerb gefragt. Mit der Netzneutralität beschäftigt sich das Dokument nicht. Wer das Wort nur in den Mund nehme, werde sofort auf Twitter verrissen, unkte der britische Kommunikationsminister Ed Vaizey. Seine Äußerungen zum offenen Internet, wonach der Gesetzgeber sich hier ein "Element der Zurückhaltung auferlegen" und nur im Schadensfall zur Regulierung schreiten solle, seien ihm im Mund umgedreht und als Attacke auf das Internet ausgelegt worden.

Verstärkt ins Auge fassen sollen die OECD-Mitglieder grenzüberschreitende Online-Dienstleistungen und den Datenschutz, um das Vertrauen der Nutzer in Internet-Geschäfte zu erhöhen. Neue Standards wie das Internetprotokoll IPv6 seien rasch zu implementieren, um die innovative Entwicklung des Netzes nicht zu behindern. Weiter sollen netzpolitische Leitlinien mit Vertretern der verschiedenen Interessengruppen wie Regierungen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gleichberechtigt erarbeitet werden.

Derzeit seien die Diskussionen oft nicht ausgeglichen, wenn ein Vertreter einer Bürgerrechtsorganisation mit fünf Vertretern der Industrie und von Regierungen zu verhandeln suche, führte Leslie Harris vom Center for Democracy and Technology (CDT) aus. Es fehle Nichtregierungseinrichtungen oft an Ressourcen. Andere Konferenzteilnehmer verwiesen auf die Notwendigkeit, Entwicklungsländer besser einzubeziehen. (vbr)