Amazon hat in Europa keinen Schutzanspruch auf "1-Click"-Bezahlverfahren

Die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes hat einen Antrag des Online-Händlers auf ein Verfahren für Online-Shopping mit einem Mausklick zurückgewiesen.

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Die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes (EPA) hat einen Patentantrag des Online-Händlers Amazon auf den Einkauf im Web mit einem Mausklick zurückgewiesen. Das unter der Anmeldenummer 01113935.9 beschriebene Verfahren genüge nicht den Kriterien für einen Patentschutz, heißt es in der nun veröffentlichten Begründung der bereits Ende Januar ergangenen Entscheidung. Dem Antrag auf ein gewerbliches Schutzrecht mangele es an der nötigen Erfindungshöhe, er beziehe sich zum Teil auf Offensichtlichkeiten und auf Aspekte von Geschäftsmethoden, die gemäß dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) nicht schutzwürdig sind.

Bei Amazons Antrag handelt es sich um eine Variante des umstrittenen "1-Click"-Patents, welches das US-Patentamt nach einer Anfechtung in einer mehrjährigen Auseinandersetzung leicht eingeschränkt hat. Auch in Kanada ist ein vergleichbarer Anspruch noch umstritten. Das EPA hat dagegen keine Zweifel an der Unvereinbarkeit des ihm vorliegenden Antrags mit dem europäischen Patentrecht. Die von Amazon angeführte Indexfunktion von Cookies etwa sei sehr einfach angelegt. Jeder Experte habe erkennen können, dass die Daten, die sonst einen Login-Prozess erforderlich gemacht hätten, durch die im Web-Browser gespeicherten Dateien zugänglich gemacht werden könnten. Die bloße Vereinfachung des Prozesses käme keinem erfinderischen Beitrag zur Technik gleich.

Das Konzept des Bezahlens mit einem Mausklick sei zu breit und offensichtlich angelegt, schreibt die Beschwerdekammer weiter. Die im Berufungsverfahren vorgebrachte Argumentation, dass das Verfahren eng mit der Sicherheit des Systems verknüpft sei, übertrage die Verantwortung für die Nutzung der Funktion auf den Nutzer. Sie beziehe sich so auf "menschliches Verhalten und Denken", das nicht patentiert werden könne. Das Cookie-Verfahren sei bereits 1996 und damit kurz vor der Anzeige der vermeintlichen Erfindung erstmals vorgeschlagen worden. Zudem handle es sich dabei um eine Methode der Geschäftsabwicklung, die auf Nutzerpräferenzen beruht.

Bei der von Amazon nachträglich ins Spiel gebrachten Möglichkeit, den Einkaufsvorgang innerhalb von 90 Minuten abzubrechen, handelt es sich aus Sicht des Patentamtes im Wesentlichen um die Darstellung einer administrativen Information und ein "Routine-Design". Ähnlich verhalte es sich bei der Funktion zur Zusammenlegung von Bestellungen, bei der es sich letztlich um die Reduzierung von Versandkosten handle. Anhängig ist beim EPA nach wie vor das Widerrufsverfahren gegen das "Geschenk-Patent" Amazons. Es schützt ein Verfahren zum Einlösen von Geschenkgutscheinen im Internet und ist mit dem "1-Click"-Patent verwandt – der nun gefasste Beschluss zu "1-Click" könnte hier ein Signal setzen. (vbr)