ICANN gegen Hintertür im Zulassungsverfahren für neue TLDs

Durch die Hintertür wollen US-Behörden die Einführung neuer Top Level Domains erschweren: Sie soll von einem allgemeinen Konsens der Beteiligten abhängen. Die ICANN setzt sich dagegen zur Wehr.

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Von
  • Monika Ermert

Die Einführung neuer Top Level Domains sollte nicht davon abhängen, dass es einen allgemeinen Konsens dazu gibt. Das schreibt die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) in einer Stellungnahme (PDF, Seite 6/7) zu Vorschlägen von US-Behörden in einem neuen Vertragsentwurf für den IANA-Betrieb (Internet Assigned Numbers Authority). Er stammt von der die Rootzone beaufsichtigenden National Telecommunications and Information Administration (NTIA), die dem US-Handelsministerium unterstellt ist. Der Text löste bei Beobachtern Besorgnis aus, da er Regierungen Einfluss auf die Zulassung neuer Adresszonen gewähren könnte.

Die ICANN betreibt die IANA, die unter anderem die zentrale Rootzone des Domain Name System pflegt. Bei der anstehenden Neuvergabe des Vertrages will die US-Regierung offenbar eine Hürde gegen möglicherweise kontroverse Domains wie die Rotlichtzone .xxx etablieren. Gegen deren Eintragung lief zuletzt insbesondere die EU-Kommission Sturm. Kommissarin Neelie Kroes kritisierte, die ICANN habe das Unbehagen vieler Regierungen übergangen. Mit dem NTIA-Chef Lawrence Strickling will sie im September in Brüssel noch einmal intensiv Reformen der ICANN – und die Zukunft des IANA-Vertrages – diskutieren.

In ihrem Schreiben warnte die ICANN, der Vertrag über die IANA-Funktionen dürfe nicht die im Selbstverwaltungsprozess von den Interessengruppen verabschiedeten Regeln und Verfahren umschreiben. Das führe die Idee des globalen Selbstverwaltungmodells ad absurdum. Außerdem widerspreche es dem Ziel, politische und technisch- buchhalterische Funktionen im DNS-Betrieb sauber zu trennen.

Die NTIA hatte eine stärkere organisatorische Herauslösung der IANA aus der ICANN gefordert. Offenbar möchte sie den Betrieb von IANA und der Rootzone fest in der Hand behalten und damit ein Druckmittel gegen die inzwischen praktisch unabhängige ICANN. Auch die von der ICANN gewünschte längere Laufzeit des IANA-Vertrages hat die NTIA voerst nicht in Aussicht gestellt. (ck)