SCO vs. Linux: SCO bekommt weiteres Material

Im Prozess SCO gegen IBM hat die Untersuchungsrichterin entschieden, dass IBM den Spezialisten von SCO den Code aller produzierten Versionen von AIX und Dynix zugänglich machen muss.

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Von
  • Detlef Borchers

In der Auseinandersetzung zwischen der SCO Group und IBM um möglicherweise unrechtmäßig nach Linux transferiertem Code hat SCO mit der Eingabe, weiteren Code analysieren zu müssen, vor Gericht einen Erfolg erzielt. Die Untersuchungsrichterin Brooke Wells hat angeordnet, dass IBM den Spezialisten von SCO den Code aller produzierten Versionen von AIX und Dynix zugänglich machen muss. SCO hatte in mehreren Eingaben betont, dass das von IBM zur Verfügung gestellte Material nicht ausreiche, um Codeverletzungen festzustellen. Im Zuge der Beweisaufnahme hat IBM bisher 900 Millionen Codezeilen von seinen Betriebssystemen AIX und Dynix an SCO übermittelt, wo man der Ansicht ist, dass man Rechte an Codezeilen an diesen Unix-Derivaten besitzt, die mit einem Code-Transfer nach Linux verletzt worden seien.

Gleichzeitig verneinte die Richterin das Ansinnen von SCO, sämtliche Einträge in den Versionskontrollsystemen einzusehen, die bei der Produktion von AIX und Dynix benutzt worden waren. Sie betonte jedoch, dass SCO eine unbeschränkte Einsicht auch dieser Dateien gewährt werden kann, sollte die Firma den von SCO verlangten Systemcode nur bruchstückhaft übergeben. Gleichzeitig ordnete Wells an, dass IBM die Notizen und Unterlagen von 3000 der etwa 7000 Programmierer überreichen muss, die in der zwanzigjährigen Produktionsgeschichte von AIX und Dynix an der Entwicklung der Systeme beteiligt waren. Die Entscheidung über den Vorstoß von SCO, auch IBM-Chef Sam Palmisano zu laden oder zu befragen, vertagte die Untersuchungsrichterin.

Mit dieser Entscheidung hat SCO einen Etappensieg im Prozess gegen IBM errungen. Mit der Fülle des Materials, das IBM bis zum 18. März überreichen muss, ist die von SCO eingeschlagene Taktik erfolgreich, den Prozess weiter zu verlängern. Nach ersten Schätzungen sind unter Einbeziehung aller Versionszwischenstände von AIX und Dynix etwa 2 Milliarden Zeilen Code zu überreichen. Für die Durchsicht dieser Bestände dürfte SCO versuchen, weitere Terminverschiebungen im aktuellen Stadium der Beweisaufnahme zu erreichen. Damit taucht die Frage auf, ob die Hauptverhandlung in diesem Jahr überhaupt noch stattfinden kann. Diese Frage ist darum wichtig, weil SCO mit seinen Anwälten einen Rahmenvertrag geschlossen hatte, der die gesamten Anwaltshonorare bis Ende 2005 auf 24,6 Millionen US-Dollar begrenzt. Anlässlich der Bekanntgabe der neuesten Finanzzahlen hatte SCO-Chef Darl McBride unlängst erklärt, dass die Zahlungen auf das Jahr 2005 beschränkt sind. Sollten danach noch weitere Verhandlungen anstehen, müssten diese von den Rechtsanwälten aus eigener Tasche bezahlt werden, erklärte McBride kurz vor Weihnachten.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (anw)