Europäischer Druckwasserreaktor bringt Hersteller in Schwierigkeiten

Der französische Atomkonzern Areva muss laut Financial Times wegen Problemen mit dem Bau des ersten europäischen Druckwasserreaktors eine Gewinnwarnung ausgeben.

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Der französische Atomkonzern Areva muss laut Financial Times wegen Schwierigkeiten mit dem Bau des ersten europäischen Druckwasserreaktors eine Gewinnwarnung ausgeben. Nach Recherchen von Technology Review gibt es beim Bau des EPR vor allem technische Probleme mit dem Gießen der mächtigen Betonschicht unter dem Reaktor. Das Großprojekt ist bereits ein Jahr im Rückstand. Der Gewinn von Areva werde in diesem Jahr "signifikant geringer" ausfallen, hieß es, aber "deutlich in den schwarzen Zahlen bleiben".

Der Reaktor Olkiluoto 3, dessen Grundstein im im vergangenen Herbst gelegt wurde, sollte ursprünglich 2009 mit einer Leistung von 1600 Megawatt ans Netz gehen. Olkiluoto 3 ist der erste Europäische Druckwasserreaktors (EPR) – ein Reaktorkonzept, das bereits vor 14 Jahren von Framatome (heute Areva) und Siemens als "deutsch-französisches Kernkraftwerk für Europa und den Weltmarkt" feilgeboten wurde.

Die Financial Times berichtet nun unter Berufung auf französische Regierungskreise, die Schwierigkeiten mit dem finnischen Reaktor hätten dazu geführt, dass China dem Konkurrenten Westinghouse den Vorzug beim Bau von neuen Atomreaktoren geben wolle. Areva wies diese Darstellung jedoch zurück.

Technology Review analysiert im dritten Teil einer sechsteiligen Energie-Serie, der in Ausgabe 1/2007 (seit heute am Kiosk oder online zu bestellen), die technischen Grundlagen und die Chancen für eine Renaissance der Atomkraft: Das Atomkraftwerk der Zukunft soll hocheffizient sein und inhärent sicher, kaum noch Müll erzeugen und nicht zur Proliferation von Atomwaffen beitragen. Sechs Konzepte gelten als besonders vielversprechend: Durch Gas, Natrium oder Blei gekühlte schnelle Reaktoren, der Salzschmelze-Reaktor, der superkritische Leichtwasser-Reaktor und der gasgekühlte Hochtemperaturreaktor. Doch die Entwicklung von Prototypen wird voraussichtlich mindestens sechs Milliarden Dollar kosten und bis 2030 dauern. Und keine der vielen Visionen künftiger Atomkraftwerke sei "in der Lage, alle Ziele gleichzeitig zu erfüllen", warnen MIT-Experten in einer Studie zur Zukunft der Atomkraft.

"Von allen Faktoren, die ein echtes Wachstum der Kernenergie im 21. Jahrhundert berühren", urteilt zudem John Ritch, Generalsekretär der World Nuclear Association, "sind die Kosten der wichtigste Faktor". Der Bau eines Atomkraftwerks kostet pro Kilowatt installierter Leistung zwischen 1500 und 2200 Dollar. Standardisierung könnte den Betrag auf 1200 Dollar drücken, aber ein Gaskraftwerk kostet nur die Hälfte. Erst mit längerer Betriebsdauer kommt so der Vorteil der Atomkraft (deutlich niedrigere Brennstoff-Kosten) zum Tragen. In der Zwischenzeit aber drohen politische Wechsel, Störfälle, und Konkurrenz durch weiterentwickelte Alternativtechniken – alles Faktoren, die prospektive Atomkraftwerksbetreiber zur Sicherheit zweimal rechnen lassen.

  • Mehr in Technology Review 1/2007: Zweimal rechnen

(wst)