Musikindustrie sieht "Strafanzeigen-Automatik" gegen Raubkopierer skeptisch

Der Verband der deutschen Phonoverbände denkt momentan nicht daran, ähnlich wie einzelne Akteure aus der Computerspielbranche Massenanzeigen gegen Tauschbörsen-Nutzer zu stellen.

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Verbände der Entertainment-Industrie sind sich nicht einig in der Frage, ob Massenanzeigen gegen Tauschbörsennutzer im Kampf gegen Raubkopierer zweckmäßig sind. Während die Musikindustrie reserviert reagiert, will sich die Filmwirtschaft alle Optionen offen halten. Der Wormser Computerspielehersteller Zuxxez hatte kürzlich Aufsehen erregt, weil er über eine Anwaltskanzlei rund 13.700 Strafanzeigen gegen Unbekannt gestellt hatte. Den Behörden lieferte die Softwarefirma dabei IP-Adressen, die sie mit Hilfe des Piratenjägers Logistep von den verdächtig gewordenen Peer-2-Peer-Usern eingesammelt hatte. Diese sollen das Strategiespiel "Earth 2160" zum Download angeboten haben. Dem Beispiel Zuxxez' ist inzwischen auch die CDV Software Entertainment AG aus Karlsruhe gefolgt. Das Auffahren derartiger "Strafanzeigen-Maschinen" erachten andere Teile der Entertainment-Industrie, die schon länger zum Teil mit umstrittenen Kampagnen und zur Schau gestellten Strafen Raubkopierer im Netz zu bekämpfen suchen, jedoch für unnötig.

"Wir glauben nicht, dass man die Wirkung der Abschreckung steigern kann, indem man die Zahlen der Anzeigen verdoppelt", erklärte Hartmut Spiesecke, Sprecher des Verbands der deutschen Phonoverbände IFPI gegenüber heise online. Es sei nicht möglich, jeden Fall der illegalen Tauschbörsennutzung zu verhindern und "dies ist auch nicht unser Ziel". Der Musikindustrie komme es vielmehr darauf an, bei nicht rechtmäßigen Downloads "ein Gefühl wie beim Schwarzfahren" zu erzeugen, betonte Spiesecke. Man könne nicht jeden kontrollieren, aber die Leute würden trotzdem wissen, dass dies jederzeit möglich sei. Zudem habe die IFPI mit der Rechtsanwaltskanzlei Rasch in Hamburg bereits eine guten "Dienstleister" für die Beobachtung von P2P-Netzen. Ein Wechsel hin zu Logistep sei nicht geplant.

Die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) hat weniger Bedenken gegenüber Massen-Anzeigen: "Die GVU nutzt ein solches oder ähnliches System wie das von Logistep zur Zeit nicht, wir möchten dies aber für die Zukunft auch nicht ausschließen", sagte eine Sprecherin. Generell ist die Logistep-Maschinerie in der Filmindustrie aber umstritten. Einzelne Studios sehen darin im Grunde den einzige Weg, auch ohne einen Auskunftsanspruch gegenüber Internet-Providern an die Nutzer heran zu kommen, die Filmraubkopien uploaden. Andere befürchten dagegen, dass die Überschwemmung der Strafverfolgungsbehörden mit Strafanzeigen nach hinten los gehen und die Kooperation mit diesen verschlechtern könnte. (Stefan Krempl) / (se)