Elterngeld-Software in Berlin bereitet Probleme
Erneute Softwarepanne bei der Berliner Verwaltung: Das Programm zur automatischen Berechnung des Elterngeldes funktioniert in der Hauptstadt noch nicht, sodass die Verwaltungsmitarbeiter per Handarbeit ans Werk gehen mĂĽssen.
Die Berliner Behörden sind mit einer weiteren Softwarepanne ins neue Jahr gestartet. Wie Tageszeitungen der Hauptstadt am heutigen Freitag berichten, funktioniert das Programm zur automatischen Berechnung des zum 1. Januar 2007 neu eingeführten Elterngeldes noch nicht. Schon bei ersten Testläufen im Dezember hatten sich gravierende Fehler in der Software gezeigt, die bislang nicht gänzlich behoben werden konnten. Die Schuld schiebt die Berliner Senatsverwaltung dem Bund in die Schuhe. Dessen letzte Richtlinien zur Auszahlung der im November abschließenden geregelten gesetzlichen Bestimmung für die Finanzspritze an frischgebackene Eltern seien erst kurz vor Weihnachten und damit zu spät gekommen, heißt es. Damit sei die Programmierzeit zu knapp gewesen.
Die anderen Bundesländer waren anscheinend fixer. Zumindest sind dem Bundesfamilienministerium von dort noch keine entsprechenden Probleme zu Ohren gekommen. Eine einheitliche Softwarelösung sei nicht geplant gewesen, die Länder hätten sich vielmehr selbst um die notwendigen Programme kümmern wollen. In Berlin hatte das IT-Systemhaus Aucoteam GmbH im November nach einer europaweiten Ausschreibung den Zuschlag erhalten. Es hat die Software EGplus entwickelt, die als webbasierte Anwendung Bearbeiter bei der Abwicklung des Bewilligungsverfahrens unterstützen soll. Das Design orientiert sich nach Angaben des Unternehmens an den Standards und Architekturen für E-Government-Anwendungen der Initiative BundOnline 2005.
Trotz des Fehlstarts versicherte die Senatsbildungsverwaltung, dass bis Anfang kommender Woche Nachbesserungen erfolgen und die rechtzeitige Auszahlung des Elterngeldes nicht gefährdet sei. Die Leiterin des Jugendamts Charlottenburg-Wilmersdorf, Uta von Pirani, rechnet aber eher mit März als Termin für die Einsatzreife der neuen Software. Bis dahin müsse wohl per Hand mit der Tabellenverarbeitung Excel von Microsoft gearbeitet werden, welche die Senatsverwaltung den Bezirken in den nächsten Tagen zur Verfügung stellen wolle. Zumindest seien aber zusätzliche Hilfskräfte bewilligt worden. Noch ist die Lage eh entspannt, weil von der Neuregelung nur Eltern profitieren, deren Kinder ab dem 1. Januar 2007 geboren wurden. Für sie gilt in der Regel ein achtwöchiger Mutterschutz, sodass Elterngeld frühestens Anfang März zu zahlen ist. Bislang haben zudem die wenigsten Berliner Bezirksämter überhaupt die benötigten Dokumente zur Beantragung der staatlichen Unterstützung online.
Die oppositionellen Grünen kritisieren nun das "typische Berliner Computer-Chaos". Bereits mit der Kita-Card und einer Software für die Bürgerämter habe es im vergangenen Jahr ähnliche Probleme gegeben. 2005 hatte die Berliner Polizei zudem mehrere Monate lang mit zahlreichen technischen Schwierigkeiten nach Inbetriebnahme des Systems "Poliks" zu kämpfen, da die insgesamt 73 Millionen Euro teure Lösung trotz dreijähriger Testphase zunächst versagte. Im gleichen Jahr verzögerte sich die Öffnung des Tiergartentunnels um mehrere Monate, weil die Sicherheitssoftware hakte. Schon 2003 beklagten die Grünen, dass der Senat seit Mitte der 90er Jahre rund 120 Millionen Euro für nicht oder nicht richtig funktionierende IT-Großprojekte verschwendet habe. (Stefan Krempl) / (jk)