Rechenzentren verschlingen weniger Energie als befĂĽrchtet

Von 2005 bis 2010 wuchs der Energieverbrauch der weltweiten Rechenzentren "nur" um 56 Prozent und somit schwächer als prognostiziert.

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Der Anteil von Rechenzentren am weltweiten Stromverbrauch liegt nach einer Studie des Stanford-Professors Jonathan G. Koomey zwischen 1,1 und 1,5 Prozent und ist deutlich weniger stark gestiegen als noch 2005 von ihm selbst und 2007 von der US-Umweltschutzagentur EPA befürchtet. Vor allem wegen der Wirtschaftskrise, aber auch dank Virtualisierung und Optimierungen bei der Energieeffizienz verdoppelte sich der Stromverbrauch nicht wie zwischen den Jahren 2000 und 2005, sondern wuchs nur um 56 Prozent – in den von der Wirtschaftsflaute besonders gebeutelten USA sogar bloß um 36 Prozent.

Koomey stützt sich bei seiner Studie wesentlich auf Zahlen der Marktforschungsfirma IDC, die die Zahl der weltweit und in den USA betriebenen Server schätzt – insgesamt sollen es 2010 rund 33,7 Millionen Server gewesen sein, von denen rund ein Drittel in den USA standen. Rund 97 Prozent der Maschinen zählt IDC zu den fast ausschließlich mit x86- beziehungsweise x64-Prozessoren bestückten "Volume"-Systemen. Zu den größten Serverbetreibern der Welt gehört die Firma Google, die mit geschätzt [Update:] 900.000 bis 1 Million Geräten rund 3 Prozent aller Server besitzt. Zwar verrät Google weder deren genau Anzahl noch ihren Energiebedarf, teilte Jon Koomey aber mit, dass letzterer weniger als 1 Prozent der von ihm global geschätzten Energiemenge von zwischen 203 und 272 Terawattstunden (TWh) betragen habe. Damit hat Google erstmals einen groben Näherungswert veröffentlicht.

Koomey nennt als wichtigsten Faktor für das moderate Wachstum des Energiebedarfs die Wirtschaftskrise, weshalb die Zahl der Server weniger stark angewachsen sei als prognostiziert. Verbesserungen bei der Energieeffizienz zeigten bisher erst geringe Auswirkungen. Koomey räumt aber auch ein, dass noch viele Verbesserungen an den Schätzungen nötig seien, insbesondere bei der Beurteilung der tatsächlichen durchschnittlichen Leistungsaufnahme der Server.

Nach Zahlen von Wikipedia entsprach die weltweit 2008 erzeugte Menge an elektrischer Energie von 20.621 TWh rund 14,3 Prozent der insgesamt verbrauchten Primärenergie von 143.851 TWh. Die Erzeugung von Strom verschlingt aber wegen der Wandlungsverluste deutlich mehr Primärenergie und durch Leitungsverluste und Eigenbedarf von Kraftwerken kommt bei den Endverbrauchern auch weniger Strom an als brutto erzeugt.

2009 war – wiederum wegen der Wirtschaftskrise – der weltweite Energieverbrauch erstmals seit dem zweiten Weltkrieg leicht gesunken, aber 2010 dann nach Schätzungen wieder in der Größenordnung von 5 Prozent gewachsen. Wenn man von weiterhin rund 14 Prozent Anteil der elektrischen an der gesamten Energie ausgeht und grob schätzt, dass für eine Kilowattstunde Strom doppelt soviel Primärenergie aufgewendet wird, so liegt der Anteil der Rechenzentren am weltweiten Energiebedarf dennoch deutlich unter 0,5 Prozent des gesamten Primärenergiebedarfs.

Einer Studie der Marktforschungsfirma Gartner aus dem Jahr 2007 zufolge verursacht die Informations- und Kommunikationstechnik rund 2 Prozent aller Kohlendioxidemissionen – was nicht mit dem Energiebedarf gleichzusetzen ist. Außerdem hatte Gartner nicht nur Rechenzentren, sondern auch Endgeräte und Kommunikationsnetze berücksichtigt. Zusätzlich hat Gartner auch den Energieaufwand für die Produktion, den Vertrieb und die Entwicklung (aber anscheinend nicht die Entsorgung) der erwähnten Geräte mit eingerechnet. Produkte der Unterhaltungselektronik blieben allerdings – bis auf Handys – außen vor. (ciw)