Bundesregierung: Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze

Das Bundeskabinett hat einen Entwurf verabschiedet, mit dem Befugnisse aus dem Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG) weitere vier Jahre gültig sein sollen. Parallel ist eine Regierungskommission zur Überprüfung von Sicherheitsgesetzen geplant.

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Das Bundeskabinett hat am heutigen Mittwoch einen Entwurf verabschiedet, mit dem Befugnisse aus dem Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG) um vier Jahre verlängert werden sollen. Dabei geht es vor allem um Auskünfte, die Sicherheitsbehörden bei Banken, Fluggesellschaften Reisebüros, Postdienstleistern oder Telekommunikationsanbietern über Terrorverdächtige einholen können. Die Bundesregierung schlägt dabei zwei Erweiterungen vor. So soll Strafverfolgern und Geheimdiensten künftig bei Luftfahrtunternehmen eine Abfrageerlaubnis bei zentralen Buchungssystemen wie Amadeus als Ergänzung eingeräumt werden. Bei Finanzunternehmen ist die Möglichkeit zur Abfrage auch von Kontostammdaten vorgesehen.

Die Bestimmungen waren nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 beschlossen worden. Ohne weiteres gesetzgeberisches Handeln würden sie Anfang 2012 auslaufen. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bezeichnete den Vorstoß zur Verlängerung als "richtig und konsequent", da die terroristische Bedrohung in Deutschland nicht geringer geworden sei. Die Regelungen würden aber angepasst und modernisiert, um sie auf neue Herausforderungen einzustellen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) betonte, dass sich die Bundesregierung "anstatt der ursprünglich diskutierten Verschärfung, Entfristung oder pauschalen Verlängerung der auslaufenden Geheimdienstbefugnisse auf ein rechtsstaatlich differenziertes Vorgehen verständigt" habe.

Der Konservative und die Liberale hatten sich vor der Sommerpause nach langem Streit grundsätzlich auf den Fortbestand des TBEG geeinigt. Leutheusser-Schnarrenberger hob nun hervor, dass das Kabinett parallel auch Eckpunkte zur Einrichtung einer Regierungskommission beschlossen habe, mit der die Sicherheitsarchitektur und -gesetzgebung seit den Anschlägen in New York und Washington vor zehn Jahren kritisch überprüft werden solle. Ein Gutachten des Bundestags habe 26 Gesetze und internationale Abkommen zur Terrorismusbekämpfung allein zwischen 2001 und 2008 gezählt. Dazu gehörten etwa die Sicherheitspakete I und II in den Jahren 2001 und 2002, die Anti-Terror-Datei oder die für verfassungswidrig erklärte Vorratsdatenspeicherung.

Das einzusetzende Expertengremium werde diese Entwicklung genau untersuchen, versprach die Justizministerin: "Das Austarieren von Freiheit und Sicherheit beginnt gerade im sensiblen Bereich der Terrorismusbekämpfung mit präzisen Analysen zu Tiefe und Streubreite der staatlichen Eingriffe in geschützte Freiheitsrechte." Auf dem Prüfstand stünden auch die Organisation der Geheimdienste und Sicherheitsbehörden allgemein. Die Trennungslinie zwischen Polizei und Nachrichtendiensten drohe zu verwischen, wenn die Ermittler immer weiter im Vorfeld tätig wird und Geheimdienste über polizeiähnliche Befugnisse verfügten. Die Kommission solle daher Aufgabenüberschneidungen und Doppelzuständigkeiten aufdecken.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar kritisierte den Beschluss scharf, da schon zum zweiten Mal nach dem 11. September 2001 die seinerzeit unter Zeitdruck erlassenen Anti-Terror-Gesetze ohne gründliche, unabhängige Überprüfung verlängert werden sollten. Der Gesetzentwurf spreche zwar davon, dass er die Ergebnisse einer Evaluierung umsetzen wolle. Bisher habe die Bundesregierung aber nicht einmal den gesetzlich geforderten Evaluierungsbericht vorgelegt. Die nun angekündigte Regierungskommission kompensiere diesen Mangel nicht.

Schaar bemängelte weiter, dass das Kabinett die Befugnisse der Nachrichtendienste sogar noch erweitern wolle. Demgegenüber seien die wenigen Kompetenzen, auf die verzichtet werden solle, in der Vergangenheit kaum oder gar nicht genutzt worden. Der Datenschützer erwartet nun vom Bundestag, dass er die Vorlage gründlich prüft und über die Maßnahmen erst entscheidet, "wenn eine belastbare unabhängige Evaluierung vorliegt". Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, erklärte dagegen, dass die Verlängerung den Sicherheitsbehörden "die Fortführung einer wirksamen Terrorbekämpfung" ermögliche. Zugleich mahnte er eine schnelle Einigung auch bei der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung an. (jk)